19. Tätigkeitsbericht (1997)



4.9

Kultusbereich

4.9.1

Verwendung privater PC durch Lehrer

Immer mehr Lehrer arbeiten mit privaten PC. Vom Gesetzgeber wird überlegt, ob ihnen weiterhin verboten bleiben soll, diese zur Verarbeitung von Schülerdaten zu verwenden.

Schülerdaten erhält ein Lehrer nur aus seiner dienstlichen Aufgabenstellung heraus und darf sie nur zu dienstlichen Zwecken verwenden. Sie bleiben Daten der Schule. Bei Verarbeitung schulischer Daten auf privaten PC der Lehrkräfte sind Schulen jedoch nicht in der Lage,

  • die Speicherung dienstlicher Daten in Dateien zu prüfen,
  • für die Löschung entbehrlicher Daten zu sorgen,
  • den Zugang zu den Daten zu kontrollieren und
  • zu verhindern, daß Daten aus dem Verfügungsbereich der Lehrer hinausgelangen.

Konsequenterweise erklärt das Schulgesetz bislang die Benutzung privater PC durch Lehrer für unzulässig.

Diese Bestimmung ist seither immer wieder Stein des Anstoßes gewesen. Lehrer, die im häuslichen Bereich ihre Arbeit weitgehend mit Hilfe von Datenverarbeitungsgeräten erledigen, verstehen nicht, warum z.B. die Korrektur von Arbeiten der Schüler selbstverständlich zu Hause durchgeführt werden darf, Bemerkungen in Notizbüchern selbstverständlich zu Hause verwahrt werden dürfen und die Erledigung von Dienstpost mit der Typenhebelschreibmaschine zulässig, die Verwendung eines komfortableren, gerade neu angeschafften PC aber verboten ist. Ergänzt wird diese Aufzählung dann üblicherweise noch durch den Hinweis, daß Lehrkräfte entweder als Beamte in einem besonderen Treueverhältnis zum Dienstherrn stünden oder als Angestellte für den öffentlichen Dienst besonders ausgebildet und verpflichtet seien. Man müsse ihnen doch vertrauen. Beschwerden zeigen allerdings immer wieder, daß gegen das Schulgesetz verstoßen wird (vgl. 18. TB, Tz. 4.9.4) und personenbezogene Daten auf dem häuslichen PC verarbeitet werden. Gelegentlich wird das auch mehr oder weniger offen zugegeben. Konsequenzen hat das Kultusministerium bislang aber nicht gezogen.

An einer Bestimmung, deren Sinn die Betroffenen nicht einsehen und die sie - offenbar ohne Folgen - in nicht unerheblichem Maß verletzen, kann dem Datenschutz nicht gelegen sein. Eine schlechte Alternative zu dem Verbot der Benutzung "außerschulischer" PC wäre allerdings die totale Freigabe. Auch das würde den Gefahren für das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Schüler und Eltern nicht gerecht. Dies um so mehr, als nicht wenige Lehrer inzwischen einen Internetanschluß besitzen, ohne daß ihr PC gegen Angriffe fremder Hacker hinreichend gesichert wäre. Was erreicht werden muß, ist deshalb ein Verfahren im Umgang mit Schuldaten, das die Verwendung moderner technischer Arbeitsmittel gestattet, den Beteiligten die Sensibilität der Informationen und der Verarbeitungstechnik deutlich macht, wirkungsvolle Hilfen für ausreichenden Datenschutz anbietet, Risiken für das informationelle Selbstbestimmungsrecht minimiert und Verstöße gegen Schutzvorschriften auch im Bewußtsein der Lehrkräfte als rechtswidriges Handeln erscheinen läßt.

Die F.D.P.-Landtagsfraktion hat die Initiative ergriffen und einen Gesetzentwurf zur Aufhebung des Verbots der Nutzung privater PC eingebracht. Inzwischen liegt auch ein entsprechender Regierungsentwurf vor.

Wenn das bisherige strikte Verbot der Benutzung privater Datenverarbeitungsgeräte nicht mehr gelten soll, erscheint ein Genehmigungsvorbehalt für eine Benutzung privater PC zwingend. Vor allem aber kommt es darauf an, daß in einer ergänzenden Rechtsverordnung klare Detailregelungen getroffen werden. Hierzu gehören die technischen und organisatorischen Maßnahmen, die gewährleistet sein müssen, wenn die Verarbeitung auf privaten PC genehmigungsfähig sein soll. In diesem Zusammenhang wird es darum auch notwendig sein, zu einem ausgewogenen und schlüssigen Gesamtkonzept der technischen und organisatorischen Maßnahmen zu kommen, das auch die konventionelle häusliche Datenverarbeitung nicht ausklammert. Denn die betroffenen Lehrer würden es nicht verstehen, wenn sie beim Einsatz von PC Datensicherheitsmaßnahmen zu beachten hätten, bei konventioneller Datenverarbeitung aber vermeintlich nicht.


Außerdem sind weitere Regelungen, z.B. zur Löschung personenbezogener Daten, zu treffen. Nachdem wir jahrelang vergeblich auf den Erlaß einer Verordnung nach § 50 Abs. 7 Schulgesetz gedrängt haben, erscheint es uns allerdings unabdingbar, daß die Verordnung zeitgleich mit der beabsichtigten Novellierung des Schulgesetzes in Kraft tritt, weil ohne sie die gesetzliche Regelung ein Torso bliebe.

Was ist zu tun?
Die Novellierung des Schulgesetzes und der Erlaß einer begleitenden Verordnung sollten ohne Zögern in die Tat umgesetzt werden. Das Verbot der Nutzung privater PC darf allerdings nur aufgehoben werden, wenn eine bessere Lösung zur Verfügung steht.


4.9.2

Was die Zusicherung der Vertraulichkeit wert war

Wird Bürgern, die freiwillig öffentlichen Stellen Informationen geben, ausdrücklich Vertraulichkeit zugesichert, unterliegen die erhaltenen Auskünfte einer besonderen Zweckbindung. Ohne Einverständnis der Betroffenen dürfen sie nicht anderweitig verwendet werden.

Eine Amtsverwaltung bat die Eltern, in einer Fragebogenaktion zur Einführung von festen Grundschulzeiten Stellung zu nehmen. In ihrem Anschreiben wies sie auf die Freiwilligkeit der Befragung hin und versicherte, daß die gemachten Angaben nur zu statistischen Zwecken ausgewertet und vertraulich behandelt würden. Im Fragebogen wurde auch nach Namen und Anschrift gefragt.

Ein Vater beantwortete die gestellten Fragen nicht nur durch Ankreuzen der vorgegebenen Antwortkästchen, sondern begründete auf der Rückseite des Fragebogens den Besuch seines Kindes in einer weiter entfernten Schule damit, daß in der näher gelegenen Schule seines Wohnortes eine Lehrkraft Kinder schlage. Es war nach unserer Auffassung eindeutig, daß der Petent diese Äußerung nicht als Anzeige verstanden wissen wollte, sondern lediglich als erläuternde Sachäußerung. Kaum war der Fragebogen bei der Amtsverwaltung abgegeben, erhielt der Petent eine Vorladung der Polizei, weil ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Verleumdung bzw. übler Nachrede gegen ihn eingeleitet worden war.

Die Amtsverwaltung hatte nämlich sofort den zuständigen Schulleiter informiert. Daraufhin erstatteten alle Lehrkräfte dieser Schule Anzeige gegen den Petenten. Die Angelegenheit eskalierte derart, daß zum Schluß ein Strafprozeß geführt wurde. Dieser endete zwar mit einer Einstellung des Verfahrens, der Petent mußte jedoch seine eigenen Kosten tragen.

Wir haben gegenüber der Amtsverwaltung beanstandet, daß die Angaben des Petenten ohne vorherige Rücksprache mit ihm an andere Stellen übermittelt worden sind. Der Hinweis der Verwaltung, die Angaben auf der Rückseite des Fragebogens unterlägen nicht der Vertraulichkeit, weil sie nicht in das vorgegebene Antwortschema paßten, konnten wir nicht gelten lassen.

Dieser Fall zeigt deutlich, wie wichtig die Beachtung der Zweckbindungsvorschriften des Landesdatenschutzgesetzes ist. Das Gesetz schränkt die Verarbeitung von Daten für andere Zwecke ohne Einwilligung des Betroffenen ausdrücklich ein, wenn die gemachten Angaben freiwillig für einen bestimmten Zweck zur Verfügung gestellt wurden.

Was ist zu tun?
Die öffentlichen Stellen müssen mit freiwillig zur Verfügung gestellten Informationen sehr sorgfältig umgehen. In Zweifelsfällen sollte zunächst Kontakt mit dem Betroffenen selbst aufgenommen werden.


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