19. Tätigkeitsbericht (1997)



4.11

Personalwesen

4.11.1

Beihilfedaten nicht abgeschottet


Eine Amtsverwaltung bediente sich zur Beihilfeberechnung einer privaten Versicherung. Das Verfahren verstieß gegen Vorschriften des Beamten- und des Datenschutzgesetzes.

Früher waren die Beihilfefälle eines Amtes über den Kreis abgewickelt worden. Als dieser der Beihilfekasse der Versorgungsausgleichskasse der Kommunalverbände (VAK) beitrat, endete dieses Verfahren. Das Amt ließ nunmehr die Beihilfeberechnung durch eine private Versicherung durchführen und erteilte auf dieser Grundlage den Beihilfebescheid. Der Petent war mit der Weitergabe seiner Daten an die Versicherung nicht einverstanden, verweigerte die erbetene Einwilligung dazu und bat um datenschutzrechtliche Überprüfung der Beihilfeorganisation. Wir mußten verschiedene datenschutzrechtliche Verstöße beanstanden.

Zulässig wäre das Verfahren dann gewesen, wenn das Amt in vollem Umfang datenverarbeitende Stelle geblieben wäre und die Versicherung nur im Rahmen der Auftragsdatenverarbeitung eingeschaltet hätte. Dieser Rahmen war im vorliegenden Fall jedoch überschritten. Denn die Versicherung nahm nicht nur Hilfsfunktionen - wie im Auftragsverhältnis üblich - wahr, sondern hatte in Wirklichkeit eigene Wertungen und Entscheidungen zu treffen. Folglich würden ihr die Daten nicht als Auftragnehmerin überlassen, sondern wie an einen Dritten übermittelt.

Da jedenfalls für die Beamten eine Norm als Rechtsgrundlage für diese Datenübermittlung fehlte, konnte das Verfahren nur mit Einwilligung der Betroffenen rechtmäßig durchgeführt werden. Der Petent hatte die Einwilligung versagt. Daraufhin teilte ihm das Amt mit, sein Antrag könne daher "zur Zeit nicht bearbeitet werden".Aufgrund unserer Prüfung mußte die Amtsverwaltung seinen Beihilfeanspruch selbst berechnen.

Andere Beamte hatten ihre Einwilligung gegeben. Wir stellten aber fest, daß sie nicht in der vom Landesdatenschutzgesetz geforderten Weise über die Bedeutung der Einwilligung aufgeklärt worden waren. So wurden z.B. die Betroffenen nicht darüber aufgeklärt, daß die Verweigerung der Einwilligung mit keinerlei Rechtsfolgen für sie verbunden war. Deswegen haben wir eine Beanstandung ausgesprochen.


Schließlich war zu kritisieren, daß die vom Landesbeamtengesetz geforderte Trennung der Beihilfeakten von den übrigen Personalakten hier deshalb nicht eingehalten war, weil derselbe Bearbeiter in der Amtsverwaltung sowohl die Personalangelegenheiten als auch die Beihilfen zu bearbeiten hatte. Das Landesbeamtengesetz fordert diese Trennung jedoch, um zu vermeiden, daß Erkenntnisse über den Gesundheitszustand der Betroffenen und seiner Familie, wie sie aus der Beihilfebearbeitung zwangsläufig erwachsen, unmittelbar Eingang in personalrechtliche Entscheidungen finden können. Die Organisation des Beihilfeverfahrens mußte auf unsere Beanstandung hin umgestellt werden.


Wenn in kleinen Kommunen die Trennung der Bereiche Beihilfe und Personalverwaltung nicht möglich ist, bietet sich die Einschaltung der Versorgungsausgleichskasse der Kommunalverbände als Lösung an.

Was ist zu tun?
Die Behörden sollten überprüfen, ob bei ihnen die Abschottung der Beihilfe- von der Personalsachbearbeitung gewährleistet ist.

4.11.2

Muß der Betroffene seiner Personalakte hinterherfahren?

Der Beamte hat nicht nur ein Recht auf Einsicht in seine Personalakte; es muß ihm auch Gelegenheit dazu unter zumutbaren Bedingungen gegeben werden. Ein Petent mußte zwei Jahre auf die Gewährung von Akteneinsicht warten.

Ein langer Weg lag vor ihm, als ein Lehrer im Juni 1994 schriftlich beim Bildungsministerium Einsicht in seine Personalakte erbat. Der Brief kam nach zwei Wochen mit dem lapidaren Zusatz "Dienstweg!" zurück, denn der Beamte hatte den kürzeren, unmittelbaren Postweg gewählt. Anfang Juli 1994 schrieb er nunmehr auf dem Dienstweg noch einmal - und wartete fast ein Jahr vergeblich auf Antwort. Der Brief war verlorengegangen, wie sich später herausstellte. Im Juni 1995 versuchte er zum dritten Mal, Kontakt zu seinem Dienstherren aufzunehmen. Schon ein Vierteljahr später hatte er die Antwort (ebenfalls auf dem Dienstweg) in den Händen, aber viel konnte er damit nicht anfangen. Denn man bestätigte ihm - er wußte es schon vorher - , daß er wie jeder Landesbedienstete das Recht auf Einsicht in seine Personalakte habe. Die Personalakte dürfe aber nicht an seine Schule übersandt werden, er müsse sich schon nach Kiel auf den Weg machen, um während der Dienstzeit in einem bestimmten Dienstzimmer des Ministeriums in die Akte Einsicht zu nehmen.


Das hätte, so schrieb uns der Petent, Unterrichtsausfall für einen Schultag bedeutet, den er wegen einer Stunde Akteneinsicht seinen Schülern nicht zumuten wollte. Er wandte sich statt dessen an uns. Zwei Erinnerungen waren notwendig, bis uns aus dem Bildungsministerium die Nachricht erreichte, man arbeite an einer allgemeinen Regelung. Diese solle nach Wahl der Lehrkraft Akteneinsicht in der Schule bzw. bei den Schulämtern oder im Ministerium möglich machen. Im Juni 1996 - also zwei Jahre nach seinem ersten Versuch - hat der Lehrer schließlich Aktensicht erhalten - ein Vorgang, der ihn dann weniger als eine Stunde kostete. Bleibt festzustellen, daß im konkreten Fall endlich doch gut wurde, was lange währte. Nur - muß für richtige Entscheidungen eines Ministeriums wirklich erst eine "allgemeine Regelung" in die Welt gesetzt werden?

Was ist zu tun?
Gewährt der Gesetzgeber Betroffenen Rechte, so muß die Verwaltung, ihnen die Ausübung dieser Rechte auch unter zumutbaren Bedingungen ermöglichen.

4.11.3

Moderne Verwaltung und die Personalakten

Im Rahmen von Verwaltungsreformen werden auch Modelle der dezentralen Personalverwaltung diskutiert. Sie sind dann zulässig, wenn die Schutzvorschriften des Personalaktenrechts beachtet werden.

Im Rahmen von Modernisierungsüberlegungen einer Stadtverwaltung sollten auch Personalverwaltungsangelegenheiten auf die einzelnen Ämter verlagert werden. Zu diesem Zweck waren in sogenannten Pilotkontrakten Tabellen erstellt worden, die die einzelnen zu dezentralisierenden Personalverwaltungsvorgänge auflisteten und die Beteiligungsrechte der unterschiedlichen Stellen an den Entscheidungen darstellten. Hierüber und über die exakte Abgrenzung der zulässigen Verarbeitung von Personalaktendaten zwischen dem zentralen Personalamt und den dezentralen Stellen bestanden innerhalb der Stadtverwaltung Meinungsverschiedenheiten und Unsicherheiten. Denn nach § 106 a Abs. 3 Landesbeamtengesetz (LBG), das insoweit nach dem Landesdatenschutzgesetz auch für Angestellte und Arbeiter gilt, dürfen Zugang zur Personalakte nur wenige Beschäftigte haben.

Mußten nun deshalb die Personalverwaltung weiterhin zentral geführt und die dezentralen Stellen im Bedarfsfall nur mit einzelnen Informationen "versorgt" werden? Oder mußte in jeder dezentralen Einheit eine eigene Personalverwaltungsorganisation die bisherigen Aufgaben anstelle des zentralen Personalamts übernehmen? Oder war eine "mittlere" Lösung möglich, die die Nutzung von Personalakten durch Mitarbeiter der dezentralen Einheiten zuließ und ihnen einen eigenen dezentralen Entscheidungsspielraum eröffnete?

Die Stadt bat um unsere Beratung.

Aufgrund der besonderen Vertraulichkeit der Personalakten, die im Landesbeamtengesetz garantiert ist, kommt es darauf an,

  • den Zugriff auf Personalaktendaten einzuschränken und dadurch

  • den Kreis der Wissensträger über vollständige Personalvorgänge möglichst klein zu halten sowie
  • Interessenkollisionen zu verhindern, die dadurch entstehen können, daß Wissensträger Informationen aus den Personalakten auch in anderen Verwaltungszusammenhängen verwenden.

Aus diesen Beschränkungen folgt, daß die Personalaktenführung immer bei einer Personalverwaltungsstelle liegen muß. Dabei liegt es in der Organisationsentscheidung der Behörde, wie die Personalverwaltungsstelle organisiert und wo sie angesiedelt ist. Sie kann zentral für mehrere Dienststellen zuständig sein. Eine dezentrale Wahrnehmung der Aufgaben ist jedoch ebenfalls zulässig, insbesondere bei kleinen Verwaltungseinheiten kommt sogar auch eine Übertragung von Personalverwaltungsaufgaben auf solche Mitarbeiter in Betracht, die daneben andere Fachaufgaben zu erfüllen haben. Unzulässig ist allerdings eine auf mehrere Organisationseinheiten verteilte oder gar eine doppelte Personalaktenführung (abgesehen von der Führung von Teilakten und Nebenakten unter den im LBG vorgesehenen Voraussetzungen).


Neben diesen Vorgaben für die Personalaktenführung und den speziellen Zugangsbeschränkungen bestehen für die Bearbeitung von Personalverwaltungsvorgängen keine besonderen datenschutzrechtlichen Einschränkungen. Insbesondere können Personalentscheidungen an verschiedenen Stellen vorbereitet und getroffen werden (z. B. dezentrale Ausschreibung von Stellen, Auswahl von Bewerbern, Auswahl zu befördernder Mitarbeiter). Die für diese Entscheidungen erforderlichen Informationen müssen jedoch, soweit sie in die Personalakte gehören, von der Personalverwaltungsstelle im Einzelfall zur Verfügung gestellt und nach entsprechender Verwendung zurückgegeben bzw. gelöscht werden.

Das neue Personalaktenrecht des LBG verhindert also nicht die Delegation oder Dezentralisation von Personalentscheidungen, es schreibt lediglich eine besondere Organisation der Personalakten vor, um einen unkontrollierbaren Zugang zu deren sensiblem Inhalt zu verhindern.

Was ist zu tun?
Behörden, die ihre Struktur "modernisieren", müssen nach Wegen suchen, die den Schutz der Personaldaten ihrer Mitarbeiter sicherstellen.

4.11.4

Bewerbungsunterlagen im Dutzend


Die Verteilung von Bewerbungsunterlagen an alle Mitglieder eines Wahlgremiums ist zwar datenschutzrechtlich zulässig. Es sind aber besondere Maßnahmen zur Datensicherheit zu treffen.

Einige dutzendmal sollten Bewerbungsunterlagen kopiert und an alle Mitglieder eines Gremiums verteilt werden, das die Personalentscheidung zu treffen hatte. Ein Bewerber hatte Bedenken gegen die Vervielfältigung der Unterlagen und fragte nach der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit solch umfänglicher Verbreitung sensibler personenbezogener Daten. Denn die Bewerbungsunterlagen enthielten wie üblich neben einer Darstellung des beruflichen Werdeganges und sehr persönlichen Angaben unter anderem auch eine Vielzahl von Zeugnissen und ausführlichen Beurteilungen.

Wir vermochten in diesem Vorgang keine unzulässige Datenverarbeitung zu erkennen. Alle Mitglieder hatten Anspruch auf den gleichen Informationsstand, weil sie sonst keine Wahlentscheidung hätten treffen können.

Eine andere Frage ist es dagegen, ob die Übersendung von Fotokopien der Bewerbungsunterlagen an alle Mitglieder des Gremiums unter dem Gesichtspunkt der Datensicherheit vertretbar ist. Die Übersendung der Bewerbungsunterlagen an viele Personen, die diese Unterlagen in der Regel in ihrem privaten Bereich aufbewahren, stellt objektiv ein Risiko dar. Den Empfängern ist daher in jedem Fall eine Rückgabepflicht aufzuerlegen. Nur bei zwingenden organisatorischen Notwendigkeiten kann eine Mitnahme in den häuslichen Bereich gestattet werden, wobei aber auf eine Verwahrung in geschlossenen Behältnissen gedrungen werden muß.

Was ist zu tun?
Ist eine Vielzahl von Funktionsträgern an einer Personalentscheidung beteiligt, muß die Datensicherheit durch besondere Vorkehrungen gewährleistet werden.


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