25. Tätigkeitsbericht (2003)
4.7 |
Sozialverwaltung |
|
4.7.1 |
Kreissozialämter haben das Heft in der Hand
|
|
In den letzten Jahren tauchte immer wieder die Frage auf, wer
eigentlich für die Sozialhilfegewährung zuständig
ist. Der Landkreistag, der Gemeindetag und der Städtebund vertreten
die Auffassung, dass in zehn von elf Kreisen des Landes die Kreise
die Herren des Verfahrens sind und somit auch die Verantwortung
für die Datenverarbeitung tragen. Das Ausführungsgesetz zum Bundessozialhilfegesetz Schleswig-Holstein
(AG BSHG SH) sieht die Besonderheit vor, dass die Kreise ihre Gemeinden
per Satzung zur generellen Aufgabenerfüllung heranziehen
können, ohne dass die Verantwortung für die Datenverarbeitung
an diese übergeht, sodass die Gemeinden nur im
Namen des Kreises tätig werden. Von dieser Möglichkeit
haben zehn von elf Kreisen in Schleswig-Holstein Gebrauch gemacht.
Soweit bekannt, ist diese Form der Heranziehung bundesweit einmalig. |
||
Was bedeutet dies für die Gemeinden der zehn Kreise in der
täglichen Praxis? Wird die Gemeinde im Namen des Kreises
tätig, so kann er u. a. bestimmen, welche Sozialhilfesoftware
eingesetzt werden soll, dass die Sozialhilfedaten auf einem Server
des Kreises verwaltet werden oder dass innerhalb eines Kreises nur
noch eine gemeinsame Sozialhilfeakte geführt wird. Der Kreis trägt andererseits die Verantwortung
für die datenschutzgerechte Verarbeitung der Sozialdaten in
den Gemeinden. Er ist daher bei Verstößen innerhalb der
Sozialämter der Gemeinden Adressat unserer Beanstandungen.
Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, gehören zu den Aufgaben
des Kreises u. a.
Um seine Aufgaben effektiv zu erfüllen, hat der Kreis
In einem offenen Brief an alle Kreise haben wir auf
diese Rechtslage sowie auf die hieraus resultierenden Konsequenzen
hingewiesen. Einige Kreise zeigten sich wegen dieser Verantwortung
erst einmal erschrocken. Die Zentralisierung bei den
Kreisen kann unter Datenschutzaspekten zweifellos auch positive
Effekte für Hilfe suchende Bürgerinnen und Bürger
haben, denn nunmehr müssen die Kreise für ein einheitliches
Datenschutzniveau bei allen Gemeinden sorgen.
|
||
4.7.2 |
Hilfeplan und Leistungskontrolle
|
|
Die Eingliederungshilfe für psychisch Kranke wird auf
der Grundlage des Sozialhilferechts von den Kreisen finanziell unterstützt.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Behandlungseinrichtungen den
Sozialämtern sämtliche persönlichen Umstände
und insbesondere den genauen seelischen Zustand der Patienten mitteilen
dürfen. Für deren Begutachtung ist das Gesundheitsamt
zuständig. Zum Zweck der Optimierung der Rehabilitationsplanung bei psychisch
Erkrankten und Behinderten und um den personellen und finanziellen
Aufwand so gering wie möglich zu halten forderte das
Sozialamt eines Kreises von einem Träger vieler Einrichtungen
der stationären Versorgung von psychisch Kranken die Vorlage
fast sämtlicher Informationen aus dem internen Dokumentationssystem.
Der Träger bezweifelte deren Notwendigkeit und die Zulässigkeit
einer solchen pauschalen Datenübermittlung. Dies führte zu einem Diskussionsprozess der Beteiligten,
der erst durch unsere rechtliche Beratung und Vermittlung zu einer
alle zufrieden stellenden Klärung des Verfahrensablaufes
führte. Zu Recht monierte der Kreis, dass die bisher praktizierte
Vorlage von standardisierten Begründungsschreiben keine objektive
und zielorientierte Begutachtung des Hilfebedarfs ermögliche.
Statt aber nun umfangreiche Dokumentationen über Seelenzustand
und Lebensbedingungen der Betroffenen beim örtlichen Sozialamt
zu sammeln, das für die Bewertung der Unterlagen ohnehin nicht
den medizinischen Sachverstand vorhält, soll mit Einwilligung
der Betroffenen ein Datensatz, der von einem Betroffeneninteressenverband
definiert worden ist, als Arztsache an das Gesundheitsamt
des Kreises weitergegeben werden. Die Amtsärzte nehmen eine
Begutachtung vor, bei der der Proband und die unterbringende Einrichtung
aktiv einbezogen werden. Durch Übersendung dieses Gutachtens, das sich auf die für
die Hilfegewährung notwendigen Daten beschränkt, wird
das Sozialamt informiert. Es wird auch zur Grundlage für die
Erstellung des Gesamtplanes für die Eingliederungshilfe
verwendet. Bei der Fortschreibung des Gesamtplanes erfolgt die Antragstellung,
Begutachtung und Hilfegewährung nach dem gleichen Verfahren.
Im Konfliktfall wird zunächst eine Klärung mit dem Gutachter
gesucht, bevor das Sozialamt direkt auf den Betroffenen und die
Einrichtung zugeht.
|
||
4.7.3 |
Wenn der Schwerbehindertenbescheid beim Vermieter landet
|
|
Ein als schwerbehindert anerkannter Mieter einer Wohnung war
nicht wenig erstaunt, als sein Vermieter ihm wortwörtlich aus
seinem Anerkennungsbescheid zitierte. Der Bescheid enthielt nicht nur Angaben zur Behinderung selbst,
sondern in der Begründung auch viele medizinische Details.
Der Petent hatte zuvor einen Antrag auf Ausstellung eines allgemeinen
Parkausweises gestellt und gehofft, einen Parkplatz auf der Stellplatzanlage
des Vermieters zu bekommen. Um diesen Antrag zu unterstützen,
hatte die Gemeinde ohne Wissen des Betroffenen Teile des
Anerkennungsbescheides an den Vermieter gesandt. Die Gemeinde meinte,
der Petent habe diese Unterlagen doch zur Verfügung gestellt
und einer eventuellen Weitergabe nicht widersprochen. Die Datenweitergabe haben wir beanstandet. Für diese Datenübermittlung
gab es keine Rechtsgrundlage, sie war schlicht überflüssig
und zugleich eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechtes
des Betroffenen. Bürgerfreundlichkeit darf nicht so verstanden
werden, dass am Bürger vorbei sensible Daten über
ihn ausgetauscht werden. Der Bitte des Betroffenen, die unzulässig
erhaltenen Unterlagen zu vernichten, kam der Vermieter umgehend
nach.
|
Zurück zum vorherigen Kapitel | Zum Inhaltsverzeichnis | Zum nächsten Kapitel |