19. Tätigkeitsbericht (1997)
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Wirtschaft, Technik und Verkehr |
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4.6.1 |
Örtliche Fahrzeugregister entsprechen nicht den Vorgaben der Fahrzeugregisterverordnung |
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Die Fahrzeugregisterverordnung enthält klare Regelungen, wann Daten zu löschen sind. Diese Vorgaben werden in der Praxis immer wieder verletzt. Die eingesetzten EDV-Verfahren unterstützen die gesetzlichen Löschungsfristen noch nicht.
Die Fahrzeugregisterverordnung verlangt, daß die Daten des Vorbesitzers eines Fahrzeuges ein Jahr nach Verkauf des Fahrzeuges zu löschen sind. Obwohl relativ neue EDV-Verfahren
eingesetzt werden, ergaben Prüfungen bei zwei Zulassungsstellen, daß in den eingesetzten EDV-Programmen diese Löschungsregelungen nicht berücksichtigt waren. Bei der Programmerstellung wurden offenbar die bestehenden Rechtsgrundlagen nicht berücksichtigt. Die Zulassungsstellen hatten diese Programme gekauft, ohne sich vorher davon zu überzeugen, daß diese gesetzlichen Bestimmungen eingearbeitet waren. Dies haben wir beanstandet. Die Behörden müssen nun aufwendige Nachbesserungen an ihrer Software durchführen lassen.
Auch die Aktenhaltung bot Anlaß zu Beanstandungen. Abgeschlossene Verwaltungsvorgänge (z.B. Stillegungsverfahren wegen fehlender Versicherung oder Kfz-Steuerschulden) wurden nicht entfernt und somit mehr als die für die Fahrzeugüberwachung unbedingt erforderlichen Informationen in der Zulassungsakte gespeichert. Zwar existieren für diesen Bereich keine bereichsspezifischen gesetzlichen Löschungsvorschriften, auf der Grundlage der Regelungen im LDSG war die zeitlich unbegrenzte Aufbewahrung nicht mehr erforderlicher Vorgänge in den Zulassungsakten jedoch zu beanstanden.
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Die Kraftfahrzeug-Zulassungsbehörden versuchen, in Amtshilfe für das Finanzamt fällige Kraftfahrzeug-Steuerschulden beizutreiben, wozu sie nach dem Kraftfahrzeug-Steuergesetz grundsätzlich verpflichtet sind. Wir sind allerdings der Auffassung, daß die festgestellte Praxis, nach fruchtlosem ersten Beitreibungsversuch des Finanzamtes sofort die Polizei mit der Entstempelung des Fahrzeuges zu beauftragen und damit also personenbezogene Daten eines Kfz-Halters an die Polizei zu übermitteln, datenschutzrechtlich zu beanstanden ist. Zunächst muß die Kfz-Zulassungsbehörde auf der Grundlage des Landesverwaltungsgesetzes versuchen, durch mildere ihr zur Verfügung stehende Zwangsmittel die Zahlung der Kraftfahrzeug-Steuerschulden herbeizuführen. Erst wenn dies scheitert und sie keine eigenen Vollstreckungskräfte hat, kommt die Beteiligung der Polizei und damit die Übermittlung personenbezogener Daten in Betracht. Im übrigen haben wir darauf verwiesen, daß die Finanzämter berechtigt sind, mit eigenen Vollstreckungskräften Fahrzeuge von Kraftfahrzeug-Steuerschuldnern stillzulegen.
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4.6.2 |
Einführung des zentralen Fahrerlaubnisregisters scheint beschlossene Sache
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Die Bundesregierung hat jetzt ihren Gesetzentwurf zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes vorgelegt. Trotz der Bedenken der Landesbeauftragten für den Datenschutz soll ein zentrales Fahrerlaubnisregister für ca. 50 Millionen Führerscheininhaber beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg eingerichtet werden.
In unserem letzten Tätigkeitsbericht (vgl. Tz. 4.6.3) hatten wir auf die Absicht des Bundes verwiesen, das Straßenverkehrsrecht zu ändern. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt nunmehr vor. Er enthält datenschutzrechtlich problematische Bestimmungen.
Gegen die Bedenken der Datenschutzbeauftragten soll ein zentrales Fahrerlaubnisregister in Flensburg eingerichtet werden. Die örtlichen Fahrerlaubnisregister sollen aufgelöst werden. Dabei soll eine Bestandsbereinigung vor Übernahme der Datenbestände in das neue zentrale Register nicht erfolgen, obwohl gerade die örtlichen Fahrerlaubnisregister in vielen Bereichen inaktuell sind. Man hofft, daß durch intensive Meldepflichten
anderer Behörden eine allmähliche Bereinigung erfolgt. So sollen z.B. Namensänderungen (Heirat, Adoption, Scheidung usw.) ohne vorherige Prüfung, ob die betreffende Person überhaupt im Besitz einer Fahrerlaubnis ist, an das zentrale Register gemeldet werden. Stellt sich dort beim Abgleich heraus, daß ein Eintrag vorhanden ist, wird dieser korrigiert bzw. ergänzt. Betrifft die Meldung keinen Führerscheininhaber, soll die Information sofort vernichtet werden. Auch sollen Einträge gelöscht werden, wenn eine amtliche Mitteilung über den Tod eingeht. Wer den Todesfall melden soll, läßt das Gesetz jedoch ungeregelt.
Unseren Vorbehalten gegen dieses neue zentrale Register hält die Bundesregierung entgegen, daß dieses Register ohne aktuelle Anschrift der Betroffenen geführt werden und nur zu den im Gesetz genannten Zwecken eingesetzt werden soll. Ob es dabei bleibt, erscheint schon deshalb fraglich, weil die örtlichen Führerscheinstellen aufgelöst werden sollen und die dort zusätzlich gespeicherten Daten vermutlich in das zentrale Register überführt werden.
Auch die Halterdatei in Flensburg, deren Zweckbestimmung ebenfalls genau definiert ist, wird offensichtlich mehr und mehr zu einem Register, das wegen seiner Aktualität und Zentralität auch für andere Zwecke genutzt wird. So sollen demnächst unterhaltspflichtige Väter, die ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen und deren Aufenthaltsort unbekannt ist, mit Hilfe der Eintragung im Kraftfahrzeugregister aufgespürt
werden. Dies liege im öffentlichen Interesse, da die öffentlichen Kassen durch die Heranziehung der aufgespürten Unterhaltssäumigen entlastet würden. Nicht daß die Suche nach zahlungsunwilligen Vätern nicht wichtig und im öffentlichen Interesse wäre. Aber sie hat mit der Kfz-Zulassung nichts zu tun. Welche Begehrlichkeiten werden über kurz oder lang angesichts der zentralen Speicherung von mindestens 50 Millionen Bundesbürgern im zentralen Fahrerlaubnisregister entstehen?
Weiter ist zu bemängeln, daß die ursprünglich ausschließlich für Zwecke des Datenschutzes und zur Aufdeckung mißbräuchlicher Anfragen geführten Aufzeichnungen automatisierter Abrufe aus den zentralen Registern nunmehr darüber hinaus für Strafverfolgungszwecke verwendet werden sollen. Auch in diesem Falle wird eine bei der Einführung des Datenbestandes besonders betonte Zweckbindung über Bord geworfen, weil einmal vorhandene Daten für andere Zwecke nützlich zu sein scheinen.
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Wenigstens sieht der Gesetzentwurf erstmalig Löschungsfristen für Akteninhalte vor. Auch die restriktive Regelung der Verwendung von Registerauskünften, Führungszeugnissen, Gutachten und Gesundheitszeugnissen ist positiv zu bewerten.
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4.6.3 |
Wenn der Bürger seine Unschuld beweisen muß
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Belastende Informationen, die eine Behörde für künftige Nutzungen speichert, müssen immer auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Sind Daten als vorläufig gekennzeichnet, so muß ihre Richtigkeit überprüft werden, bevor Maßnahmen zu Lasten des Bürgers getroffen werden.
Wie sich die Dinge gleichen: Erneut ist von einem Fall zu berichten, in dem die Fahrerlaubnisbehörde nur über die Information
verfügte, daß ein Führerschein vorläufig beschlagnahmt worden war (vgl. 17. TB, Tz. 4.6.1). Tatsächlich hatte auch in dem neuerlichen Fall das Gericht den Betroffenen freigesprochen und ihm den Führerschein wieder ausgehändigt. In beiden Fällen versäumte es jedoch das Gericht, den Fahrerlaubnisbehörden diesen Umstand mitzuteilen.
Als der Betroffene seinen Führerschein verlor und einen neuen beantragte, stellte sich die Behörde stur. Auch nachdem sie selbst aus dem Verkehrszentralregister die Mitteilung erhalten hatte, daß keine Fahrerlaubnisentziehung gespeichert war, und die Staatsanwaltschaft ihr mitgeteilt hatte, daß dort keine Akte mehr existierte, stellte sie ihm immer noch keinen Ersatzführerschein aus und beharrte auf der Vorlage von Nachweisen seiner Unschuld. Erst durch unsere Mithilfe und nach Vorlage des Einstellungsbeschlusses, der sich dann doch noch anfand, wurde dem Betroffenen ein Ersatzführerschein ausgestellt. Die ganze Angelegenheit zog sich jedoch über mehr als zwei Monate hin.
Wir haben die Vorgehensweise der Behörde beanstandet, weil sie auch dann noch auf der Meinung beharrte, der Führerschein sei entzogen worden, als klare Anhaltspunkte für das Gegenteil sprachen. Selbst wenn die Richtigkeit oder die Unrichtigkeit der umstrittenen Informationen weder von ihr noch vom Betroffenen hätte nachgewiesen werden können, wäre dem Petenten ein Ersatzführerschein auszustellen gewesen. Denn die umstrittenen Informationen hätten zumindest gesperrt werden müssen und hätten folglich nicht gegen den Betroffenen verwendet werden dürfen.
Das Verkehrsministerium hat sich unserer Auffassung angeschlossen und umgehend alle Fahrerlaubnisbehörden auf die bestehende Rechtslage hingewiesen.
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4.6.4 |
Das lange Leben von Verkehrsordnungswidrigkeiten |
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Informationen über Verkehrsordnungswidrigkeiten, die nicht in das Verkehrszentralregister einzutragen sind, sind aus der Führerscheinakte zu entfernen, wenn der Vorgang abgeschlossen ist.
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Ein Bürger hatte in den Jahren 1986 und 1987 einige Verkehrsordnungswidrigkeiten begangen, die jeweils mit Verwarnungsgeldern geahndet wurden. Seinerzeit erhob die Fahrerlaubnisbehörde Eignungsbedenken gegenüber dem Betroffenen und ordnete die Entziehung seiner Fahrerlaubnis an. Das Verwaltungsgericht war jedoch anderer Rechtsauffassung und erklärte die Entziehung für unzulässig, weil "Verkehrsverstöße, die im Verwarnungsverfahren gerügt werden können, grundsätzlich bei der Prüfung der Eignung eines Kraftfahrers unberücksichtigt bleiben". Dies hinderte die Fahrerlaubnisbehörde nicht, die Informationen zehn Jahre lang zu speichern. Wir haben die Speicherung beanstandet, weil die Aufbewahrung dieser alten Vorgänge zur Aufgabenerfüllung der Fahrerlaubnisbehörde nicht mehr erforderlich war und diese somit nach den Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes zu löschen waren.
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