22. Tätigkeitsbericht (2000)



4.5

Wirtschaft, Technik, Verkehr

4.5.1

Theorie und Praxis bei gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahren

Eine Prüfung gaststättenrechtlicher Erlaubnisverfahren zeigte erhebliche Mängel bei der Umsetzung der neuen Gaststättenverordnung. Die geprüfte Stadtverwaltung will künftig auf überflüssige Datenerhebungen verzichten.

Bereits in den vergangenen Jahren haben wir uns eingehend mit gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahren befasst (vgl. 17. TB, Tz. 4.3.5; 18. TB, Tz. 4.1.3). Auf der Grundlage unserer Prüfungsergebnisse wurde vom Wirtschaftsministerium in der Folge eine neue Gaststättenverordnung (GastVO) erlassen, die das Verwaltungsverfahren abschließend regelt. Es lag daher nahe, hier eine "Erfolgskontrolle” durchzuführen. Das Ergebnis hat eine erhebliche Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis aufgezeigt. Verschiedene Neuregelungen waren von der geprüften Stelle schlicht ignoriert worden. Folgende Beispiele sind zu nennen:

  • Obwohl die von den Betroffenen im Antragsverfahren vorzulegenden Unterlagen in der Verordnung abschließend aufgezählt sind, wurden von den Antragstellern darüber hinaus z. B. die Vorlage vollständiger Mietverträge, Unbedenklichkeitsbescheinigungen eines Elektromeisters sowie des Bezirksschornsteinfegermeisters gefordert. Die Beschaffung der nicht notwendigen Unbedenklichkeitsbescheinigungen war für die Betroffenen mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden.

  • Entgegen den Festlegungen in der GastVO wurden die Industrie- und Handelskammer, die Allgemeine Ortskrankenkasse, das Amtsgericht, das Finanzamt, die örtliche Polizeistation sowie der Kreis als Brandschutzbehörde nach ihrer Meinung befragt. Eine solche überflüssige Anhörungspraxis führt zu unnötigen Datenübermittlungen.

  • Nach Erteilung einer Gaststättenerlaubnis erhielten sowohl die örtliche Polizeistation wie auch das Finanzamt jeweils eine Durchschrift des Erlaubnisbescheides zur Kenntnis. Diese Unterrichtung ist weder erforderlich noch zulässig.

  • Eignungsbedenken gegen den Betroffenen wurden durchweg über die Verjährungsfrist von drei Jahren hinaus dauerhaft gespeichert.

Die undifferenzierte Aufnahme von Schriftstücken in Erlaubnisakten ohne ausreichende Klärung, Prüfung und Bewertung der zugrunde liegenden Sachverhalte sowie die versäumte Löschung abgeschlossener Erlaubnisvorgänge musste außerdem beanstandet werden. In ihrer Stellungnahme hat die Stadt zugesagt, die Maßgaben der neuen GastVO "ab sofort” zu beachten. Die Bereinigung der vorhandenen Erlaubnisakten wurde unverzüglich in Angriff genommen.

Was ist zu tun?
Alle schleswig-holsteinischen Konzessionsbehörden sollten die Beanstandungen zum Anlass nehmen, ihre Verfahrensweise auf die Übereinstimmung mit der Gaststättenverordnung hin zu überprüfen und gegebenenfalls entsprechend zu ändern.

4.5.2

"Wer weiß, wofür man das noch mal gebrauchen kann”

Eine Kontrolle bei der Datenverarbeitung der Handwerkskammer Flensburg ergab mehrere Gründe zu Beanstandungen. Eine umfangreiche "Schwarzarbeiterdatei” muss bereinigt werden.

Handwerkskammern sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, ihre gesetzlichen Aufgaben sind es u.a., aktiv das Handwerk zu fördern und die damit befassten Behörden zu unterstützen sowie die Handwerksrolle und die Lehrlingsrolle zu führen. Daneben haben sie Prüfungsausschüsse einzurichten, die Geschäfte des Meisterprüfungsausschusses wahrzunehmen und die ordnungsgemäße Durchführung der Gesellenprüfungen zu überwachen. Ein wichtiger Aufgabenbereich besteht schließlich im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Handwerksausübung. Die Handwerkskammern gehen Hinweisen auf illegale Handwerksausübung und Schwarzarbeit nach und haben das Recht, selbst in diese Richtung zu ermitteln. Bei hinreichenden Verdachtsmomenten wird eine Ordnungswidrigkeiten-Anzeige erstattet oder eine Untersagungsverfügung beantragt. Die Durchführung dieser Verfahren obliegt den Kreisordnungsbehörden.

Für den Bereich der Handwerks- und Lehrlingsrollenführung ergab unsere Prüfung bei der Handwerkskammer Flensburg keine wesentlichen datenschutzrechtlichen Verstöße. Im Zusammenhang mit der Überwachung der ordnungsgemäßen Handwerksausübung und der Bekämpfung der Schwarzarbeit stießen wir hingegen auf sehr umfangreiche Datensammlungen, von deren Rechtmäßigkeit uns die Kammer nicht zu überzeugen vermochte. Die bis zu 15 Jahre alten Vorgänge reichten von "verdächtigen Gewerbeanmeldungen” über "Anzeigen” von Bürgern, dass der Nachbar in seiner Garage nebenbei Autos repariere oder Polstermöbel auffrische, bis hin zu ausgeschnittenen und gesammelten Zeitungsannoncen und Grundlagenmaterial für konkrete Ordnungswidrigkeitenverfahren. Der größte Teil war in keiner Weise verwendet worden und seine Erforderlichkeit konnte auch auf Nachfrage nicht dargelegt werden. Oftmals ließ sich nämlich aus den einzelnen Papieren noch nicht einmal ein zusammenhängender Sachverhalt rekonstruieren, sodass die gespeicherten Informationen auch für die Handwerkskammer wertlos waren. Nach der Devise "wer weiß, wofür man das noch mal gebrauchen kann” wurde aber dennoch jede Information vorsichtshalber erst einmal archiviert.

Die Kammer begründete ihre Sammelpraxis mit der "Erfahrung”, dass es im Bereich der illegalen Handwerksausübung und der Schwarzarbeit auf lange Sicht immer wieder zu Wiederholungstaten komme. Nach unseren Feststellungen waren allerdings nur in drei Prozent aller Sachverhalte Rückfälle zu verzeichnen. Zudem kann die Handwerkskammer für sich keine längeren Speicherfristen in Anspruch nehmen als die für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständigen Stellen. Wir haben den Umfang und die Dauer der Datenspeicherung deshalb beanstandet und die Kammer aufgefordert, den gesamten Datenbestand hinsichtlich seiner Speicherungserforderlichkeit zu überprüfen sowie alle nicht mehr benötigten Daten unverzüglich zu löschen. Die Kammer will die Speicherung in einem ersten Schritt auf die Dauer von fünf Jahren beschränken. Der Gesamtbestand wird unverzüglich durchgesehen und alle nicht benötigten Vorgänge werden vernichtet. Der dann verbleibende und aus Sicht der Kammer unbedingt erforderliche Datenbestand wird anschließend nochmals mit dem Ziel geprüft, ob die Speicherfrist weiter gesenkt werden kann.

Parallel zu diesen Vorgängen führte die Kammer seit einem Jahr eine so genannte "Schwarzarbeiterdatei” in elektronischer Form. Entgegen ihrer Bezeichnung enthielt diese Datei letztlich alle personenbezogenen Daten, für die papierene Vorgänge der oben genannten Art existierten. Abgesehen davon, dass für die Führung einer solchen Datei keine Rechtsgrundlage besteht, vermochte die Kammer uns auch hier nicht die Erforderlichkeit zu belegen. Die Handwerkskammer wird diese Datei jetzt auf ein Suchregister für zulässigerweise noch vorhandene papierene Informationen reduzieren und nur noch solche Daten speichern, die im Zusammenhang mit Ordnungswidrigkeitenverfahren stehen. Nach Abschluss der Verfahren werden die Informationen unverzüglich gelöscht.

Was ist zu tun?
Die Handwerkskammer Flensburg muss die Speicherung personenbezogener Daten auf das erforderliche Maß begrenzen und ihre Datenbestände bereinigen.

4.5.3

Unannehmlichkeiten durch Falschauskunft der IHK

Wer sein Gewerbe aufgibt und dieses ordnungsgemäß beim zuständigen Ordnungsamt abmeldet, sollte sich darauf verlassen können, dass auch die zuständige Industrie- und Handelskammer (IHK) dies zeitnah berücksichtigt. Dies ist leider nicht immer der Fall.

Ein Petent berichtete uns, dass er mit einer gerichtlich geltend gemachten Forderung in Höhe von nahezu 17 000 DM konfrontiert wurde, ohne dass ihm der in der Klage geschilderte Sachverhalt überhaupt bekannt war. Seine Recherchen ergaben, dass ein Rechtsanwalt für seinen Mandanten telefonisch bei der IHK nach einem Gewerbebetrieb gefragt hatte, von dem ihm nur die Geschäftsadresse, nicht aber der Name bekannt war. Die IHK nannte daraufhin den Petenten als Geschäftsführer.

Diese Auskunft war in doppelter Hinsicht falsch. Zum einen war sein Betrieb schon seit Monaten beim Gewerbeamt abgemeldet, ohne dass dies in den Datenbeständen der IHK vermerkt gewesen wäre. Zum anderen befanden sich auf dem bezeichneten Gewerbegrundstück zum fraglichen Zeitpunkt mehrere Betriebe, die infrage hätten kommen können. Der Petent war jedenfalls unbeteiligt. Wie diese Falschauskunft zustandekam, konnte nicht mehr aufklärt werden. Jedenfalls ist Folgendes nicht beachtet wurden:

  • Die regelmäßige Übermittlung von Daten aus den Gewerbeanzeigen an die Industrie- und Handelskammern ist in der Gewerbeordnung gesetzlich vorgesehen. Ergänzend dazu müssen die Gewerbeämter die Abmeldungen "nachberichten”. Ob dies im konkreten Fall geschehen ist, konnte das zuständige Gewerbeamt nicht mehr nachvollziehen.

  • Wegen der Vielzahl der An-, Ab- und Ummeldungen kommt es bei der Bearbeitung in der IHK regelmäßig zu zeitlichen Verzögerungen von sechs bis acht Wochen. Der Auskunftssuchende wurde auf diese zeitliche Diskrepanz nicht hingewiesen.

  • Die Auskunftserteilung war nicht dokumentiert.

Wir wiesen die IHK auf Folgendes hin: Auch wenn für die Übermittlung von Daten der Kammerzugehörigen durch die IHK die Schriftform nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist, sollte eine mündliche Auskunft nur ausnahmsweise und nur dann erfolgen, wenn der Sachverhalt eindeutig auf der Hand liegt, der Betroffene klar identifiziert ist und die Auskunftserteilung auch in rechtlicher Hinsicht unproblematisch erfolgen kann. Diese Vorgehensweise hilft sicherzustellen, dass die relevanten tatsächlichen und rechtlichen Aspekte beachtet werden. Fernmündlich erteilte Auskünfte bergen in ihrer Spontanität immer das Risiko, dass sie sich bei näherer Prüfung als unzulässig oder falsch bzw. unvollständig erweisen.

Was ist zu tun?
Auskunftsgebende Stellen müssen dafür Sorge tragen, dass ihre Datenbestände stets einen aktuellen Stand haben. Bei Erteilung einer Auskunft muss deren Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft werden.


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