4.7 Steuerverwaltung
4.7.1 Einführung der Steueridentifikationsnummer
Finanzbehörden dürfen die Steueridentifikationsnummer (Steuer-ID) für ihre gesetzlich zugewiesenen Zwecke verarbeiten. Anderen Stellen kann die Verarbeitung der Steuer-ID durch eine spezifische gesetzliche Vorschrift erlaubt werden. Der Gesetzgeber sollte von dieser Möglichkeit jedoch nur in engen Grenzen Gebrauch machen.
Mit der Zuteilung der Steuer-ID hat jede Bundesbürgerin und jeder Bundesbürger vom Bundeszentralamt für Steuern ein eindeutiges Identifikationsmerkmal erhalten, welches bis 20 Jahre nach dem Tod bestehen bleibt. Unter dieser Nummer speichert das Bundeszentralamt zu jedem Steuerpflichtigen folgende Daten, sofern diese vorliegen: Titel, Familienname, Ehename, Lebenspartnerschaftsname, Geburtsname, Vorname, Geschlecht, vollständige Adresse, Geburtstag und -ort sowie Geburtsstaat. 5.300 Meldebehörden haben hierzu dem Bundeszentralamt für Steuern entsprechende Datensätze übermittelt.
Die Finanzbehörden dürfen die Steuer-ID erheben und verwenden, soweit dies für die Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben notwendig ist oder ein Gesetz die Verarbeitung ausdrücklich erlaubt oder anordnet. Stellen außerhalb der Finanzverwaltung dürfen die Nummer hingegen nur dann verarbeiten, wenn dies im Rahmen einer Datenübermittlung an die Finanzbehörden erforderlich ist oder eine gesetzliche Vorschrift die Datenverarbeitung rechtfertigt.
Problematisch ist, dass der Gesetzgeber zunehmend dazu übergehen möchte, Stellen außerhalb der Finanzverwaltung eine Verarbeitung der Steuer-ID zu erlauben. Im Bereich der Rentenbezugsmitteilungen an die Deutsche Rentenversicherung Bund haben u. a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, die berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die Pensionskassen und die Versicherungsunternehmen die Steuer-ID von Leistungsempfängern mitzuteilen. Teilt der Steuerpflichtige der jeweiligen Stelle seine Nummer nicht mit, so übermittelt das Bundeszentralamt für Steuern der anfragenden Stelle die begehrte Information. Hieran anknüpfend möchte der Gesetzgeber in seinem Entwurf zum sogenannten Steuerbürokratieabbaugesetz im Bereich des Bezugs von Altersvorsorgebeiträgen als Sonderausgaben, dass Anbieter wie Lebensversicherungsunternehmen, Kreditinstitute, Bausparkassen und Kapitalanlagegesellschaften mit der Steuer-ID in ähnlicher Weise verfahren dürfen.
So wächst die Gefahr, dass die Steuer-ID als Personenkennzeichen im Bereich außerhalb der Finanzverwaltung verwendet wird. Zwar droht Unternehmern, die die Steuer-ID in „leichtfertiger“ Weise für gesetzlich nicht zulässige Zwecke nutzen, eine Geldbuße von bis zu 10.000 Euro. Allerdings genügt die Sanktionierung des Datenmissbrauchs als Ordnungswidrigkeit nicht, zumal eine „leichtfertige“ Verwendung der Nummer oft nicht nachweisbar sein wird. Stattdessen sollte auf die Verbreitung der Nummer an Stellen außerhalb der Finanzverwaltung verzichtet werden.
Der Gesetzgeber ist aufgefordert, die Verarbeitung der Steueridentifikationsnummer nicht weiter auf Stellen außerhalb der Finanzverwaltung auszudehnen.
4.7.2 Änderung des Kirchensteuergesetzes
Der Schleswig-Holsteinische Landtag befasste sich mit einem Gesetz zur Änderung des Kirchensteuergesetzes. Nicht alle Regelungen des Entwurfs hielten einer datenschutzrechtlichen Würdigung stand.
Kirchensteuerpflichtige sollten nach dem Entwurf die Möglichkeit haben, ihre Kirchensteuer auch von inländischen Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten, Wertpapierhandelsunternehmen und Wertpapierhandelsbanken berechnen und an die Finanzämter weiterleiten zu lassen. Hierzu soll der Kirchensteuerpflichtige beim jeweiligen Institut einen Antrag stellen, in welchem er seine Religionszugehörigkeit zu benennen hat. Der Entwurf zum Kirchensteuergesetz enthielt die Regelung, dass die erhobenen Daten nur für den Kirchensteuerabzug verwendet werden dürfen und eine Verarbeitung für andere Zwecke nur mit Einwilligung des Steuerpflichtigen oder bei entsprechender gesetzlicher Regelung zulässig ist.
Mit einem bloßen Antrag wird der Kirchensteuerpflichtige allerdings nicht darüber informiert, dass ihm alternativ ein zweiter Weg offensteht: Es bleibt weiterhin möglich, die Kirchensteuer bei der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen. Damit besteht für den Kirchensteuerpflichtigen die Wahl, ob er Informationen zu seiner Religionszugehörigkeit z. B. einem Finanzdienstleistungsinstitut mitteilt oder nicht. Bei der Religionszugehörigkeit handelt es sich um besondere sensible personenbezogene Daten, deren Verarbeitung grundsätzlich einer besonderen Einwilligung des betroffenen Bürgers bedarf. Diese Einwilligung muss auf einer freiwilligen Entscheidung basieren, was voraussetzt, dass der Bürger seine Wahlmöglichkeit kennt. Dies kam im Entwurf zur Änderung des Kirchensteuergesetzes nicht klar zum Ausdruck.
Was ist zu tun?
Die Antragsformulare sind so zu gestalten, dass die betroffenen Bürger auf die bestehende Wahlmöglichkeit hingewiesen werden.
4.7.3 Zusendung falscher Steuerunterlagen
Die Finanzämter müssen bei der Versendung von Steuerunterlagen das Steuergeheimnis wahren. Die Unterlagen dürfen nicht in falsche Hände geraten.
Wir erhielen Kenntnis von drei Vorfällen, in denen Steuerpflichtige vom Finanzamt Steuerunterlagen fremder Personen zugesandt bekamen. Es handelte sich um Steuerbelege, die bei der Steuererklärung eingereicht und nach Prüfung an die Steuerpflichtigen zurückgesandt werden sollten. Bei der Bearbeitung von Steuerfällen müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Finanzämtern technisch-organisatorische Maßnahmen zur Vermeidung derartiger Versehen ergreifen. Diese genügten nach unseren Feststellungen im Grundsatz. Bei der fehlerhaften Befüllung der Postumschläge waren in den drei Fällen drei verschiedene Personen tätig, die zudem in unterschiedlichen Bereichen ihre Aufgaben erfüllten. Es handelte sich jeweils um ein Versehen im Einzelfall. Da sich die Vorfälle in kurzem zeitlichen Abstand ereigneten und so gehäuft Verwechslungen stattfanden, hat das ULD eine Beanstandung ausgesprochen.
Was ist zu tun?
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Finanzämtern sind verpflichtet, bei der Bearbeitung von Steuerfällen mit den Steuerunterlagen sorgsam umzugehen und Verwechslungen zu vermeiden.
4.7.4 Anforderungen an die Führung eines Fahrtenbuches
Zur Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches genügt es, dass sich die Angaben zu Reiseziel, Reisezweck und beruflicher Veranlassung aus neben dem Fahrtenbuch existierenden Aufzeichnungen ergeben.
Eine Bürgerin bat das ULD um Prüfung der Anforderungen eines Finanzamtes an die Führung eines Fahrtenbuches. Sie ist als Sozialpädagogin tätig und sucht im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit die betreuten Personen in deren privater Wohnung auf. Um die angefallenen Fahrtkosten steuermindernd geltend zu machen, ist ein Fahrtenbuch zu führen, in dem Reisezweck und gefahrene Reiseroute einzutragen sind. Das Finanzamt forderte bei der Prüfung des Fahrtenbuches darüber hinaus Angaben zur jeweils aufgesuchten Privatanschrift und die Namen der aufgesuchten Personen. Die Bürgerin sah sich aufgrund ihrer beruflichen Schweigepflicht gehindert, dem Finanzamt die gewünschten Daten mitzuteilen.
Die Bedingungen zum ordnungsgemäßen Führen eines Fahrtenbuches ergeben sich nicht aus dem Gesetz. Gerichtlich ist jedoch geklärt, dass ein Fahrtenbuch zeitnah und in gebundener Form geführt werden muss und die Fahrten in einem fortlaufenden zeitlichen Zusammenhang wiederzugeben sind. Weiterhin wird gefordert, dass für jede Dienstfahrt Reiseziel, -zweck, Geschäftspartner sowie Datum und Kilometerstand zu Beginn und Ende der jeweiligen Fahrt anzugeben sind. Diese Verpflichtung gilt auch für Berufsgeheimnisträger. Eine Verpflichtung zur Angabe der Namen aufgesuchter Personen wird gerade vor dem Hintergrund als zulässig angesehen, weil die zuständigen Mitarbeiter in den Finanzämtern dem Steuergeheimnis unterliegen. Vorsätzliche Verstöße gegen das Steuergeheimnis werden mit Strafe bedroht. Die bloße Angabe des Reisezwecks wäre für die Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches nur dann ausreichend, wenn sich die übrigen obligatorischen Angaben aus weiteren beigelegten Aufzeichnungen ergeben. Die Forderung des Finanzamtes musste daher vom ULD nicht beanstandet werden.
Was ist zu tun?
Zur Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches für steuerliche Prüfungszwecke dürfen bestimmte Mindestangaben verlangt werden, auch von Berufsgeheimnisträgern. Diese müssen und dürfen aber keine darüber hinausgehenden Angaben offenbaren.
4.7.5 Rolf Uwe Frank Maier-Schulz – zur Erforderlichkeit des ganzen Namens
Manches Finanzamt tut sich damit schwer, nicht benötigte Daten zu löschen und nicht zu verwenden.
Ein neu zuständiges Finanzamt verwendete im Adressfeld von übersandten Steuerbescheiden den vollen Namen der Person, d. h. alle drei Vornamen und den Nachnamen. Das bisherige Finanzamt hatte hingegen beim Schriftwechsel nur den von der Person angegebenen ersten Vornamen benutzt. Eine Einwilligung für die Verwendung aller Vornamen wurde gegenüber dem zuständigen Finanzamt nicht erklärt. Woher stammten die Angaben zu den bisher nicht offenbarten Vornamen, und durfte das Finanzamt alle verwenden? Nach dem Melderecht dürfen die Meldebehörden den Finanzämtern alle Vornamen und den Nachnamen übermitteln, soweit dies für die Aufgabenerfüllung der Finanzbehörden erforderlich ist. Dies ist der Fall bei der Angabe der weiteren Namen. Es gehört zu den Aufgaben der Finanzämter, intern eine zweifelsfreie Zuordnung von Namen zu Steuernummern vorzunehmen. Im Hinblick auf die Adressierung von Post muss hingegen geprüft werden, ob diese für eine ordnungsgemäße Zustellung der Steuerbescheide nötig sind. Vorliegend war dies nicht der Fall; es konnte davon ausgegangen werden, dass bereits ein Vorname in Verbindung mit dem Nachnamen eine hinreichende Unterscheidungskraft aufweist. Die Verarbeitung aller Vornamen im Rahmen der Adressierung ist grundsätzlich nicht zulässig.
Was ist zu tun?
Die Finanzbehörden müssen auch bei der Adressierung von Schreiben an die Steuerpflichtigen prüfen, ob die Angabe aller Vornamen erforderlich ist.
4.7.6 Kontoverbindungsdaten beim Finanzamt
Auch für gespeicherte Kontoverbindungsdaten gelten die Vorschriften zur Löschung personenbezogener Daten.
Ein Bürger hatte gegenüber seinem Finanzamt eine erteilte Einzugsermächtigung für die Zahlung von Kraftfahrzeugsteuer widerrufen. Zahlungen wurden von ihm fortan in Eigenregie überwiesen. Daraufhin begehrte er gegenüber dem Finanzamt die Löschung seiner Kontoverbindungsdaten. Im Rahmen der vorzeitigen Abmeldung eines anderen Fahrzeuges errechnete das Finanzamt wenig später eine Gutschrift und teilte dem Steuerpflichtigen mit, den entsprechenden Betrag „auf das bekannte Konto“ zu überweisen.
Kontoverbindungsdaten wie alle personenbezogenen Daten sind zu löschen, wenn die Speicherung unzulässig ist oder die verarbeitende Stelle die Daten nicht mehr für ihre Aufgaben benötigt. Vorliegend handelte es sich um zwei verschiedene Fahrzeuge, für welche Kraftfahrzeugsteuer gezahlt werden musste. Für jeden Vorgang bzw. für jedes Fahrzeug muss separat geprüft werden, ob die weitere Speicherung der Kontoverbindungsdaten erforderlich ist. Für die Überweisung von Steuern durch den Steuerpflichtigen ist die Speicherung von Kontoverbindungsdaten, im Gegensatz zur Teilnahme an einem Lastschrifteinzugsverfahren, nicht notwendig. Daher musste eine Löschung dieser Daten erfolgen, wobei kein separater Antrag des Steuerpflichtigen auf Löschung gestellt werden musste.
Was ist zu tun?
Die Finanzbehörden müssen für jeden Vorgang prüfen, ob die weitere Speicherung von Kontoverbindungsdaten erforderlich ist. Ein Rückgriff auf Daten aus anderen Vorgängen ist nicht zulässig.
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