26. Tätigkeitsbericht (2004)

4.3

Justizverwaltung

4.3.1

Positives aus der Justizvollzugsanstalt

Im Jahr 2002 wurde eine umfangreiche datenschutzrechtliche Querschnittskontrolle in einer schleswig-holsteinischen Justizvollzugsanstalt vorgenommen. Im vergangenen Jahr sind nahezu 90 % der beanstandeten Mängel behoben worden.

Die Zielstrebigkeit, mit der die Verantwortlichen der Justizvollzugsanstalt Neumünster die von uns aufgezeigten Datenschutzdefizite beseitigt und ihre Verfahrensweisen datenschutzgerecht gestaltet haben, ist bemerkenswert. Dies unterstreicht die gute Zusammenarbeit zwischen der JVA und den Prüfern bereits während der Prüfung. Von Anfang an wurde seitens der JVA Neumünster signalisiert, im Umgang mit Daten über einsitzende Gefangene Sensibilität und Verantwortungsbewusstsein zeigen zu wollen.

  • So werden künftig die medizinischen Gutachten von der übrigen Gefangenenpersonalakte getrennt und in einem gesonderten Briefumschlag in den Aktenschränken der Vollzugsgeschäftsstelle aufbewahrt. Die Zugriffsberechtigungen werden durch die jeweiligen Vollzugsleiter festgelegt.

  • Die Entnahme bzw. der Verbleib von Lichtbildern wird künftig in der jeweiligen Gefangenenpersonalakte dokumentiert. Die Beschriftung aller Lichtbilder wird sichergestellt, damit eine sichere Zuordnung zu den Gefangenen möglich ist.

  • Die Führung von zahlreichen, in der Regel mehrere Jahre umfassenden Buchwerken ist eingestellt worden. Nunmehr werden diese Informationssammlungen jahrgangsweise geführt, sodass die jeweiligen Aufbewahrungsfristen eingehalten und die Unterlagen fristgerecht vernichtet werden können.

Darüber hinaus ist der Datenschutz in einer Fülle von weiteren Punkten verbessert worden. Die Verantwortlichen der JVA Neumünster haben in diesem Zusammenhang die Aussage getroffen, dass durch die ”Einsparung von Buchwerk und anderen Nachweisen” dazu beigetragen wird, ”dass künftig Unterlagen mit personenbezogenen Daten in merklich geringerem Umfang gelagert werden”. Datenvermeidung und Datensparsamkeit führen also zu mehr Effizienz im Strafvollzugsalltag.

Nur in wenigen Punkten bestehen noch unterschiedliche Auffassungen bzw. steht die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen noch aus. Insbesondere im Zusammenhang mit der elektronischen Datenverarbeitung besteht ein größerer Änderungsbedarf, damit die Sicherheitsanforderungen des Landesdatenschutzgesetzes sowie der Datenschutzverordnung erfüllt werden. Folgende Punkte sind darüber hinaus noch mit den Verantwortlichen zu klären:

  • Bereitstellung von persönlichen Schließfächern für Gefangene, um ein Minimum an informationeller Selbstbestimmung in den Hafträumen zu gewährleisten,

  • Durchführung der Haftraumrevision grundsätzlich durch zwei Justizvollzugsbeamte, wenn der betreffende Gefangene aus strafvollzugsrechtlichen Gründen nicht anwesend sein darf.

Was ist zu tun?
Die noch offen stehenden Punkte sollten rasch einer Lösung zugeführt werden.

4.3.2

Wenn der Staatsanwalt keine Zeit mehr für den Datenschutz hat

Ein Staatsanwalt darf nicht ungeprüft komplette Ermittlungsakten an die Versorgungsverwaltung herausgeben. Dies gilt auch für die Prüfung, ob dem Opfer einer Straftat eine Entschädigung zusteht. Auch hier ist das Erforderlichkeitsprinzip zu beachten.

Bei einer Kontrolle des Behörden-Transport-Service, über den der Post- und Aktenaustausch zwischen Behörden abgewickelt wird, war in Hamburg die Ermittlungsakte einer schleswig-holsteinischen Staatsanwaltschaft offen aufgefunden worden. Darin ging es um den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener. In dem Vorgang befanden sich Unterlagen mit sensiblem Inhalt über Dritte (Beschuldigter und Opfer anderer Strafverfahren). Diese Vorgänge waren komplett an die Versorgungsverwaltung übersandt worden. Besonders pikant war, dass aus den offen übersandten Vorgängen auch ersichtlich war, dass gegen einen in einem anderen Ermittlungsverfahren Tatverdächtigen Telefonüberwachungsmaßnahmen und eine Wohnungsdurchsuchung vorgenommen worden waren.

Wer die offene Übersendung der Akten zu verantworten hatte, war nicht mehr zu klären. Hier stand Aussage gegen Aussage. Unabhängig davon war aber die Übersendung der vollständigen Ermittlungsakte an das Versorgungsamt nicht zulässig. Nach der Strafprozessordnung darf nur dann, wenn die Erteilung von Auskünften einen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würde, ausnahmsweise Akteneinsicht gewährt werden. Da in diesem Fall ein komplexer Vorgang entstanden war, hätten die Dritte betreffenden Aktenbestandteile abgetrennt werden müssen und nicht mit übersandt werden dürfen. Der damit verbundene Aufwand hätte sich aus unserer Sicht in vertretbarem Rahmen gehalten. Wenn die Staatsanwaltschaft ihre Akten schon nicht von vornherein so organisiert, dass selektive Datenübermittlungen leicht möglich sind, bedeutet das nicht, dass man sich quasi als Regelfall auf die Durchbrechung des Erforderlichkeitsgrundsatzes berufen kann mit der Begründung, die Aussonderung der nicht erforderlichen Teile mache Mühe.

Die Vorschriften der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV) sehen aus guten Gründen vor, dass besonders schutzwürdige Daten von vornherein getrennt zu heften sind. Die bei den Staatsanwaltschaften vorhandene hohe Arbeitsbelastung soll nicht verkannt werden. Dies kann jedoch kein Blankoscheck dafür sein, dass sensible Daten über Beschuldigte und über unbescholtene Dritte ohne Erforderlichkeit an andere Behörden übersandt werden. Dies haben wir der Staatsanwaltschaft mitgeteilt.

Was ist zu tun?
Die Staatsanwaltschaften sollten ihre Verfahrensakten so organisieren, dass bei Übermittlungsvorgängen schutzwürdige Daten Dritter ohne großen Aufwand entfernt und zurückbehalten werden können, wenn sie für den Empfänger nicht erforderlich sind.


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