22. Tätigkeitsbericht (2000)



3

Datenschutz im Landtag

3.1

Datenschutzordnung nur zögerlich umgesetzt

Nach langwierigen Diskussionen hatte sich der Landtag im letzten Jahr eine Datenschutzordnung (DSO-LT) gegeben. Mit der Umsetzung hapert es.

Im letzten Tätigkeitsbericht musste schon darauf hingewiesen werden, dass eine Unsicherheit verbleibt, wie Betroffene ihre Datenschutzrechte gegenüber den Landtagsfraktionen wahrnehmen können (vgl. 21. TB, Tz. 3.1). So ist z. B. das Auskunftsrecht gegenüber Fraktionen, die Verpflichtung zu technisch-organisatorischen Maßnahmen wie auch die Datenschutzkontrolle bei Fraktionen nicht ausdrücklich geregelt. Unbestreitbar ist, dass hier kein datenschutzfreier Raum bestehen darf. Wir wiesen daher die Fraktionen des Landtags darauf hin, dass sie wie eine nichtöffentliche Stelle nach dem Bundesdatenschutzgesetz betrachtet werden könnten. Dies hätte zur Folge, dass das Innenministerium als Kontrollbehörde zuständig sein könnte, was mit dem verfassungsrechtlichen Status der Fraktionen schwerlich zu vereinbaren wäre. Um diese Unklarheit zu beseitigen, regten wir an, durch eine freiwillige Selbstverpflichtung die DSO-LT für entsprechend anwendbar zu erklären und einen internen Verantwortlichen für den Datenschutz zu benennen.

Die Resonanz auf diese Bitte war wenig positiv: Drei Fraktionen antworteten. Und deren Credo war eindeutig: Jede Form externer Kontrolle wurde zurückgewiesen. Zu einer gewissen internen Kontrolle wollte sich nur eine Fraktion verpflichten. Angesichts dessen ist nur zu hoffen, dass die Regelungslücke nicht eines Tages zu Konflikten führt.

Die Situation wird nicht dadurch verbessert, dass es - trotz ausreichender Zeit - vom Landtag bislang unterlassen wurde, das nach der DSO-LT vorgeschriebene eigene Datenschutzgremium, in dem jede Fraktion durch ein Mitglied vertreten sein soll, zu bestellen. Eine Datenschutzkontrolle im Landtag, die dessen verfassungsrechtliche Rolle berücksichtigt, besteht damit leider bis heute nicht.

Was ist zu tun?
Die Landtagsfraktionen sollten für sich klären, wie der Datenschutz intern sichergestellt wird. Das Datenschutzgremium muss endlich benannt werden und mit seiner Arbeit beginnen.

3.2

Wieviel darf das Parlament wissen?

Die Auskunftsansprüche des Parlaments gegenüber der Regierung haben zwar Verfassungsrang, die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern, um deren personenbezogene Daten es dabei geht, dürfen aber nicht unter den Tisch fallen. Das gilt ganz besonders, wenn es um sensible Vorgänge wie z. B. medizinische und Personaldaten geht.

Wenden sich Ministerien, Abgeordnete und Parlamentsausschüsse an uns mit der Frage, inwieweit aus Gründen des Datenschutzes dem Landtag Auskunft oder Akteneinsicht aus Verwaltungsvorgängen verweigert werden darf, handelt es sich nicht selten um heikle politische Fragen. So war es z. B. bei der Aufklärung von Todesfällen nach der Havarie des Frachters "Oostzee” und bei einer umstrittenen Besetzung einer Professorenstelle. Hier ging es um medizinische Daten, die der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen, und um Personalaktengeheimnisse. Wir konnten die Anfragenden auf Artikel 23 der Landesverfassung, die Geschäfts-, die Datenschutz- und die Geheimschutzordnung des Landtags, das Fraktionsgesetz und schließlich auf eine Vereinbarung zwischen Landesregierung und Landtag aus dem Jahr 1992 verweisen.

Angesichts der zentralen demokratischen Funktion des Parlaments kann eine Auskunftsverweigerung aus Datenschutzgründen nur die Ausnahme sein. Allerdings muss eine Abwägung zwischen den Ansprüchen des Parlaments und dem Persönlichkeitsschutz erfolgen. In der Regel kann der Persönlichkeitsschutz durch folgende Sicherungsmaßnahmen hinreichend gewahrt werden:

  • Soweit es auf den Personenbezug in den Akten nicht ankommt, sind Kopien der Dokumente durch Schwärzen zu anonymisieren.

  • Die Akten sind durch die Landtagsverwaltung so zu verwahren, dass Unbefugte keinen Zugriff erhalten.

  • Der Einblick in sensible Unterlagen sollte auf so wenige Abgeordnete wie möglich begrenzt werden.

  • Das Erstellen von Kopien wird ausgeschlossen.

  • Aufzeichnungen aus den Akten sollten soweit möglich keinen Personenbezug enthalten (z. B. durch die Benutzung einfacher Pseudonyme).

  • Beratungen der Ausschüsse, in denen personenbezogene Daten zur Sprache kommen, sollten nichtöffentlich erfolgen.

  • Öffentliche Bewertungen durch den Landtag, die Ausschüsse oder Abgeordnete sollten in einer Form erfolgen, die keine Rückschlüsse auf bestimmte Personen zulassen.

Was ist zu tun?
Vor einer Auskunftsverweigerung gegenüber dem Parlament hat die Regierung alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine unangemessene Beeinträchtigung persönlicher Betroffenenbelange zu verhindern. Der Landtag sollte seine Verfahrensweisen dem gleichen Ziel ausrichten.


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