20. Tätigkeitsbericht (1998)
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Was es sonst noch zu berichten gibt |
9.1 |
Europäische ISDN-Richtlinie
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Die europäische Telekommunikations-Datenschutz-Richtlinie ist nun endlich verabschiedet worden. Sie muß von den Mitgliedstaaten bis zum 24.10.1998 in innerstaatliches Recht umgesetzt werden. Insgesamt ist der Umsetzungsbedarf im deutschen Recht allerdings eher gering (vgl. 19. TB, Tz. 8). Die erforderlichen Anpassungen werden voraussichtlich in einer Rechtsverordnung vorgenommen, die nach § 89 Telekommunikationsgesetz (vgl. 19. TB, Tz. 7.3.1) ergehen wird. Inhaltlich wird sie im wesentlichen auf der bisherigen Telekommunikationsdienstunternehmen-Datenschutzverordnung (vgl. 19. TB, Tz. 7.3.2) beruhen. |
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9.2 |
Wer Forderungen gestundet haben will, muß seine Finanzlage offenlegen - aber wie detailliert?
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Zwei Eheleute sollten dem Katasteramt Gebühren für eine Vermessung bezahlen und baten um Stundung. Das Katasteramt verlangte detaillierte Angaben zu ihren Einkommensverhältnissen, um nachprüfen zu können, ob die sofortige Einziehung der Gebühren mit erheblichen Härten für sie verbunden wäre. Um Überprüfung gebeten, ob die erbetenen Auskünfte gegeben werden müßten, kamen wir zu dem Ergebnis, daß dagegen im Prinzip nichts einzuwenden ist. Denn wie sonst sollte über den Stundungsantrag entschieden werden. Da es aber um sensible Angaben ging, halten wir eine Präzisierung der Landeshaushaltsordnung für angezeigt. Denn es kann nicht im freien Ermessen der Verwaltung stehen, wie detailliert Bürger Stundungsanträge begründen und belegen müssen. Das Ministerium für Finanzen und Energie konnte sich diesem Standpunkt bislang noch nicht anschließen. |
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9.3 |
Garagenplätze für Frauen scheitern nicht am Datenschutz
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Bei einer Kreisverwaltung war die Bauaufsichtsbehörde von der Gleichstellungsbeauftragten um eine Liste der allgemein zugänglichen privaten und öffentlichen Garagen im Kreisgebiet gebeten worden. Das Innenministerium fragte uns, ob dagegen datenschutzrechtliche Bedenken bestünden. Nach dem Gleichstellungsgesetz ist die Gleichstellungsbeauftragte in allen Angelegenheiten des Geschäftsbereiches zu beteiligen, die Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen haben können. Sie kann in Unterlagen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind, Einsicht nehmen. Außerdem sind ihr die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die Neufassung der Garagenverordnung enthält die Verpflichtung, in allgemein zugänglichen Großgaragen mindestens 10 % der Garageneinstellplätze als Frauenparkplätze auszuweisen. Die Voraussetzungen für ein Tätigwerden der Gleichstellungsbeauftragten waren damit erfüllt; folglich bestanden keine Bedenken dagegen, die von der Gleichstellungsbeauftragten gewünschte Auskunft zu erteilen. |
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9.4 |
Auftragsvergabe und Frauenquote
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Das Ministerium für Frauen, Jugend, Wohnungs- und Städtebau forderte die Landesdienststellen auf, für Zwecke der im Koalitionsvertrag vereinbarten Frauenförderung die Beschäftigtenstrukturen solcher Unternehmen zu analysieren, die Aufträge des Landes erhalten hatten. Neben Art und Umfang der Aufträge sollte die Zahl der beschäftigten Frauen und ihr Anteil an der Zahl der insgesamt Beschäftigten ermittelt, ggf. geschätzt und dem Ministerium mitgeteilt werden. Bei diesen Geschäftsinformationen handelt es sich um personenbezogene Daten, wenn der Unternehmensinhaber eine natürliche Person ist. Leider fehlte für die Sammlung und Weitergabe der gewünschten Informationen eine gesetzliche Grundlage. Die Daten durften also nur mit Einwilligung der Betroffenen zusammengestellt werden. Wir haben vorgeschlagen, künftig im Rahmen der Vertragsgestaltung die Einwilligung für die Verarbeitung der gewünschten Informationen einzuholen. |
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9.5 |
Akteneinsicht: Mit gutem Willen auch komplizierte Fälle lösbar
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Von dem privaten Träger eines Jugendheimes war ein neuer Erzieher eingestellt worden. Einige Zeit später ging ein Brief bei der Heimaufsicht und dem Ministerium für Frauen, Jugend, Wohnungs- und Städtebau ein, in dem der Absender detaillierte Vorwürfe gegen den Betroffenen erhob. Er begründete sie mit dessen früherer Aufgabe in einer SED-Kreisleitung und im Bildungswesen. Arbeitgeber und Heimaufsicht sahen nach Prüfung trotzdem keine Veranlassung, gegen den Erzieher Maßnahmen einzuleiten. Dieser erhielt Kenntnis von der Existenz des Schreibens und bat unter Hinweis auf das Landesdatenschutzgesetz
um Akteneinsicht. Das Ministerium verweigerte sie, weil, selbst wenn die Absenderangabe geschwärzt worden wäre, aus Stil und dargestellten Details des Schreibens ein Rückschluß auf den Absender möglich erschien. Eine unter Umständen nicht unerhebliche Gefährdung seiner schutzwürdigen Interessen wurde befürchtet. Unter unserer Vermittlung gelang es schließlich gemeinsam mit dem Ministerium, den wesentlichen Inhalt des Schreibens in einer Form zugänglich zu machen, die die Offenbarung der Identität des Absenders ausschloß, den Betroffenen aber in die Lage versetzte, die konkreten Vorwürfe zur Kenntnis zu nehmen und sich ggf. dagegen zu wehren. |
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9.6 |
Zweckbindung von Daten bei Überweisungen
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Kommunale Kassen erhalten regelmäßig im Rahmen des Überweisungsverkehrs Kenntnis von der Bankverbindung ihrer Zahlungspflichtigen. Wir wurden gefragt, ob diese Daten im Falle einer Zwangsvollstreckung auch für eine Kontenpfändung genutzt werden dürfen. Im unbaren Zahlungsverkehr muß der Zahlungspflichtige tatsächlich in Kauf nehmen, daß unabhängig vom eigentlichen Zweck der Zahlung dem Empfänger auch die Bankverbindung bekannt wird und die Kasse auf der Grundlage der Gemeindekassenverordnung befugt ist, in "zweckändernder Weise" zu nutzen. Es bestehen deshalb keine datenschutzrechtlichen Bedenken dagegen, wenn die im Rahmen des allgemeinen Zahlungsverkehrs bekanntgewordenen Angaben über die Bankverbindung auch für eine Kontenpfändung gegen den Zahlungspflichtigen genutzt werden. Problematischer wird es, wenn die Kasse die Kontoangaben erfragt, um Erstattungen ausführen zu können (vgl. 18. TB, Tz. 4.10.3). |
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9.7 |
Übergang der Personalverwaltung auf eine Privatfirma
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Trotz der Privatisierung eines kommunalen Eigenbetriebes sollten die dort tätigen Mitarbeiter Beschäftigte der Kommune bleiben und damit weiterhin den Bestimmungen des Landesbeamtengesetzes unterliegen. Dessen Vorschriften beschränken den Zugang zu Personalakten auf "Beschäftigte, die im Rahmen der Personalverwaltung mit der Bearbeitung von Personalangelegenheiten beauftragt sind und nur, soweit es zu Zwecken der Personalverwaltung oder der Personalwirtschaft erforderlich ist". Eine Befugnis zur Übertragung aller Personalverwaltungsaufgaben an private Dritte ist gesetzlich nicht vorgesehen. Sie konnte nur im Einverständnis mit den Betroffenen erfolgen. Im vorliegenden Fall geschah es in Form eines Vertrages, wobei die Anwendung der Schutzvorschriften für den öffentlichen Dienst inklusive der künftigen Änderungen garantiert wurde. |
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9.8 |
Retourkutsche auf eine Beschwerde
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Ein Bürger, in dessen Nachbarschaft ein Bauvorhaben verwirklicht wurde, hatte sich über das Vorgehen des zuständigen Bauamtes beim Innenministerium als zuständiger Fachaufsichtsbehörde beschwert. Da er Mitarbeiter der Kreisverwaltung war, hatte der für das Bauamt verantwortliche Bürgermeister nichts Eiligeres zu tun, als sich seinerseits bei dem Landrat als Dienstvorgesetztem über den "vorwitzigen" Beschwerdeführer zu beschweren. Es solle geprüft werden, ob der Mitarbeiter dienstliche Hilfsmittel der Kreisverwaltung unbefugt für private Zwecke genutzt habe. Wir hatten aufgrund der Beschwerde des Bürgers zu prüfen, ob die Unterrichtung des Landrates durch den Bürgermeister geltendem Recht entsprach. In seiner Stellungnahme kam der Bürgermeister selbst zu der Erkenntnis, daß die Datenübermittlung nicht zulässig war. Er entschuldigte sich deshalb für den datenschutzrechtlichen Verstoß beim Betroffenen. |
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9.9 |
Die Gefängnisverwaltungen dürfen Frauen, die sich vor der Gewalttätigkeit ihrer einsitzenden Lebenspartner fürchten, "vorwarnen"
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Im Rahmen eines Beratungsersuchens wurde uns die Frage gestellt, ob gewaltbedrohten Frauen von den Strafvollzugsbehörden Auskünfte über die Unterbringung ihres Lebenspartners insbesondere in der Untersuchungshaft bzw. im Strafvollzug gegeben wurden. Für die betroffenen Frauen ist es von besonderer Wichtigkeit zu erfahren, ob eine Inhaftierung angeordnet war oder eine Entlassung bevorstand, damit sie sich zu ihrem eigenen Schutz darauf einstellen können. Aus datenschutzrechtlicher Sicht gibt es grundsätzlich keine Bedenken, solche Informationen herauszugeben, wenn eine Bedrohungssituation besteht. |
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9.10 |
Keine Blankovollmachten bei den Sozialgerichten
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Ein Petent hatte beim Sozialgericht Schleswig eine Klage gegen die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eingereicht. Unmittelbar danach wurde er aufgefordert, eine Blankovollmacht zur Befreiung aller relevanten Stellen von Geheimhaltungspflichten bzw. zur Entbindung von der Schweigepflicht zu erteilen. Diese Verfahrensweise war offenbar bei allen Sozialgerichten üblich. Unter Berücksichtigung der richterlichen Unabhängigkeit haben wir angeregt, das Einwilligungsformular künftig nur zu versenden, wenn tatsächlich Daten bei schweigepflichtigen Personen oder Stellen erhoben werden sollten und den Betroffenen genau über den Umfang der einzuholenden Unterlagen zu informieren. Die Sozialgerichte verständigten sich daraufhin landesweit darauf, künftig entsprechend unseren Vorschlägen zu verfahren. |
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9.11 |
Akteneinsicht verweigert: Datenschutz gründlich mißverstanden
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Ein junger Unternehmer hatte sich selbständig gemacht und ein Existenzgründungsdarlehen bei der dafür zuständigen Bank beantragt. Für diesen Antrag benötigte er auch ein Gutachten über die Erfolgsaussichten seines Betriebes. Das Gutachten wurde von einer Industrie- und Handelskammer erstellt und der Bank übersandt. Als der Darlehenswunsch abgelehnt wurde, bat der Betroffene die Industrie- und Handelskammer um Übersendung bzw. um Einsichtnahme in das Gutachten. Diese lehnte sein Begehren "aus Datenschutzgründen" mit der Begründung ab, daß es sich um einen "vertraulichen hoheitlichen Akt" handele und deshalb die Stellungnahme weder dem Antragsteller noch sonstigen Dritten außer der zuständigen Bank zugänglich gemacht werden dürfe. Der Unternehmer hielt dieses Argument für widersinnig, handelte es sich doch schließlich um ein Gutachten, das er selbst erbeten hatte. Wir konnten seine Auffassung nur bestätigen. Er hatte nach dem Landesdatenschutzgesetz
einen Anspruch auf Auskunft bzw. Einsicht in das Gutachten. Das hat schließlich auch die Industrie- und Handelskammer eingesehen und dem Petenten Einblick in das erstellte Gutachten gewährt. |
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9.12 |
EIS-Modul nicht gesetzeskonform
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Nach den Bestimmungen des Landesmeldegesetzes ist es durchaus gestattet, auch den Mitarbeitern einer Kommunalbehörde, die nicht im Meldeamt tätig sind, einen direkten (online) Zugriff auf die Meldedateien zu geben. Das Gesetz legt für derartige interne Auskünfte ein maximales Datenprofil fest und knüpft alle Auskünfte an die "Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung". Im Rahmen von Prüfungen haben wir jedoch festgestellt, daß ein geprüftes und freigegebenes Modul des von vielen Kommunen eingesetzten Einwohnerinformationssystems (EIS) der Datenzentrale Differenzierungen nicht vorsieht. Jeder, der das betreffende Programm aktivieren darf, erhält, wenn er will, alle maximal möglichen Daten angezeigt. So könnte man sich zum Beispiel täglich eine Liste über die Bürger seiner Gemeinde erstellen lassen, die am betreffenden Tag Geburtstag haben. Zur Zeit beraten der Innenminister und die Datenzentrale darüber, wie das Modul zu modifizieren ist. |
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9.13 |
Telefongespräche Gefangener
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In den Justizvollzugsanstalten werden in Einzelfällen die Telefongespräche der Gefangenen aus Gründen der Sicherheit der Justizvollzugsanstalt überwacht. Dies geschieht zwar mit Wissen der Gefangenen, nicht aber der externen Fernsprechteilnehmer. Zur Begründung wurde vorgetragen, bei Vermittlungen von Telefongesprächen durch JVA-Bedienstete müsse man ohnehin mit einer Überwachung rechnen. Unsere Intervention wurde jedoch zum Anlaß genommen, die Anstalten generell anzuweisen, daß im Falle des Mithörens von Telefongesprächen der auswärtige Gesprächsteilnehmer in Zukunft bei der Vermittlung des Gesprächs ausdrücklich auf die Überwachung hingewiesen wird. |
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9.14 |
Wenn der Vollzugsabteilungsleiter mal eben mit dem Hotel telefoniert
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Ein Strafgefangener hatte während eines ihm gewährten Hafturlaubes in einem Hotel übernachtet, obwohl er dieses nicht als seine Urlaubsadresse angegeben hatte. Als die Rechnung des Hotels einging, nahm die Vollzugsleitung deshalb einen Verstoß gegen eine vollzugliche Weisung an. Sie setzte sich telefonisch mit dem Hotel in Verbindung und offenbarte die Inhaftierung des Petenten. Dies wurde damit begründet, daß überprüft werden sollte, inwieweit ein Verstoß gegen eine Urlaubsweisung begangen wurde, um die daraus zu folgernden vollzuglichen Konsequenzen zu ziehen. Für uns war nicht nachvollziehbar, welche weiteren Erkenntnisse durch einen Anruf bei dem Hotel erlangt werden sollten, die für eine etwaige Maßregelung des Betroffenen relevant gewesen wären. Die Weitergabe der äußerst sensiblen Information, daß es sich bei dem Betroffenen um einen Strafgefangenen handelte, wurde als ein erheblicher datenschutzrechtlicher Verstoß beanstandet. |