17. Tätigkeitsbericht (1995)



5.

Datenschutz bei den Gerichten

5.1

Haftbefehle im Mülleimer

Immer wieder erweist sich bei den Behörden die Entsorgung von Altpapier als datenschutzrechtliche Schwachstelle.

Ein Bürger staunte nicht schlecht, als er bei dem Versuch, "schnell mal etwas wegzuwerfen", in der am Straßenrand stehenden Mülltonne mehrere Papierbögen entdeckte, die eine merkwürdige rosa Färbung besaßen, die ihm bekannt vorkam. Bei näherem Hinsehen entpuppten sie sich tatsächlich als Haftbefehlsformulare, in die bereits die Daten der Betroffenen eingetragen waren. Zwar hatte der Richter die Haftbefehle noch nicht gesiegelt und unterschrieben, so daß eine mißbräuchliche Verhaftung nicht möglich gewesen wäre. Zu kritisieren blieb hier jedoch, daß wieder einmal sensible Informationen über Mitbürger durch Unachtsamkeit Unbefugten zur Kenntnis gelangen konnten. Aus den Formularen war nämlich für jedermann ersichtlich, daß die Betroffenen zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bei Gericht vorgeladen worden waren.

Das besondere an dieser Panne war, daß sie trotz organisatorischer Vorkehrungen und Vorschriften über den Umgang mit Altpapier geschehen konnte. So existierte eine ausdrückliche Anweisung an das Reinigungspersonal, den Inhalt der Papierkörbe in den Geschäftsstellen und Arbeitszimmern nicht einfach in die Mülltonne, sondern in gesonderte Container zu entleeren, die von einer Spezialfirma entsorgt wurden. Dem Reinigungspersonal war jedoch nicht klar gewesen, daß in diese Vorsichtsmaßnahmen auch die Papierkörbe in den Sitzungssälen miteinzubeziehen waren. Auch diese Lücke im System ist nunmehr jedoch geschlossen.

5.2

Prozeßkostenhilfeanträge an die Gegenseite?

Der Bundesgesetzgeber hat endlich klar geregelt, was die Datenschutzbeauftragten jahrelang gefordert haben: Persönliche und insbesondere Vermögensverhältnisse dürfen dem Prozeßgegner nicht mehr ohne weiteres bekannt gemacht werden.

In der Vergangenheit (16. TB, Tz. 5.1) und auch im laufenden Berichtsjahr hatten sich immer wieder Bürger beschwert, die im Verfahren zur Gewährung einer Prozeßkostenhilfe ihre Vermögensverhältnisse offenlegen und dann mit ansehen mußten, wie diese sensiblen Erklärungen der Gegenpartei zugänglich gemacht wurden. Obwohl die Rechtsprechung schon seit längerer Zeit klargestellt hatte, daß dies nur in eingeschränktem Maße zulässig sei, fehlten bislang eindeutige gesetzliche Vorgaben.

Diesem Zustand hat der Gesetzgeber durch eine Änderung der Zivilprozeßordnung nunmehr ein Ende bereitet. Im Prozeßkostenhilfeänderungsgesetz ist eindeutig geregelt, daß sowohl die Erklärung zur Erlangung einer Prozeßkostenhilfe als auch die dazu eingereichten Belege dem Gegner nur mit Zustimmung der betreffenden Partei zugänglich gemacht werden dürfen. Diese Änderung der Zivilprozeßordnung ist am 1. Januar 1995 in Kraft getreten.


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