12

Kernpunkte:


  • Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten Deutschlands
  • Leitung Arbeitskreis Informationsfreiheit
  • Grundlegendes aus Gesetzgebung und Rechtsanwendung

12  Informationsfreiheit

2022 war ein besonderes Jahr für uns. Das ULD hatte den Vorsitz über die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in Deutschland (IFK) inne (Tz. 12.1). Dies beinhaltete auch die Leitung des zugehörigen Arbeitskreises Informationsfreiheit mit entsprechenden Sitzungen in Kiel (Tz. 12.2). Daneben fand aber auch das normale Dienstgeschehen in der Behörde der Landesbeauftragten für Informationszugang statt. Nachdem in den letzten beiden Jahren Corona auch Thema vieler Verfahren war, waren es 2022 wieder viele Einzelthemen, die uns im Bereich der Informationsfreiheit beschäftigten (Tz. 12.3). Einige Gesetzesänderungen und besondere Fälle stachen heraus (Tz. 12.4).

 

12.1        Vorsitz der Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten

Turnusgemäß übernahm das ULD Anfang des Jahres den Vorsitz der Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in Deutschland (IFK) von dem Landesbeauftragten für Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt. Zwei jeweils zweitägige Konferenzen fanden im Juni und November 2022 in Kiel statt. Teilnehmer waren die Landesbeauftragten der Länder und des Bundes, die schon über ein Transparenzgesetz bzw. Informationsfreiheitsgesetz verfügen. In Deutschland sind nur noch Bayern und Niedersachsen ohne eine entsprechende rechtliche Regelung ausgestattet. In Sachsen wurde im Berichtszeitraum ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, sodass sie ebenfalls eingebunden wurden.

Insgesamt drei Entschließungen konnten unter unserer Leitung von der IFK verabschiedet werden:

  • ´  Keine Umgehung der Informationsfreiheit durch Errichtung von Stiftungen bürgerlichen Rechts!
  • ´  SMS in die Akte: Behördliche Kommunikation unterliegt umfassend den Regeln der Informationsfreiheit!
  • ´  Niedersachsen: Die Zeit für ein Transparenzgesetz ist gekommen!

Daneben wurden zwei Arbeitsgruppen ins Leben gerufen. Eine wird sich unter der Leitung von Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein über den Berichtszeitraum hinaus mit Vorgaben für Transparenzportale beschäftigen. Die andere nimmt sich unter der Leitung Schleswig-Holsteins des Themas „Informationsfreiheit by Design“ an, entwickelt entsprechende Prinzipien und wird u. a. für die E-Akte Empfehlungen geben, wie Informationsfreiheit schon bei der Implementierung entsprechender Systeme mitgedacht und eingebunden werden kann.

Für spannende Diskussionen sorgten auch einige Gäste bei den Konferenzen. Dabei nutzten wir auch unsere Nähe zu Skandinavien und insbesondere Schweden, wo es schon seit dem 18. Jahrhundert ein Informationsfreiheitsrecht gibt. Prof. Dr. Meiko Jensen von der Karlstads Universitet in Schweden berichtete über „Datenreduktion vor Herausgabe von Informationen – der Werkzeugkasten der Kryptographen“. Nils Gunnar Indahl, Datenschutzbeauftragter der Norwegischen Kirche, stellte vor, welchen Zugang Bürgerinnen und Bürger in Schweden, Norwegen und Dänemark zu Informationen der öffentlichen Verwaltung haben und ob diese Praxis konform mit der DSGVO erfolgt. Auch Prof. Dr. Matthias Rossi von der Universität Augsburg kam nach Kiel, um Harmonisierungsbedarf und Harmonisierungspotenzial des Informationsfreiheitsrechts zu besprechen.

Die Protokolle und Materialien der Konferenzen sind öffentlich und können hier eingesehen werden:
https://www.datenschutzzentrum.de/artikel/1347-.html
Kurzlink: https://uldsh.de/tb41-12-1

2023 übernimmt der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit den Vorsitz der IFK.

Was ist zu tun?
Auch nach unserem Vorsitz der IFK engagieren wir uns hierbei weiter. Insbesondere in den beiden von uns mitbetreuten Arbeitsgruppen gibt es noch viel zu tun.

 

12.2        Leitung Arbeitskreis Informationsfreiheit

Das ULD hat dieses Jahr den Arbeitskreis Informationsfreiheit (AKIF) geleitet, der insbesondere die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in Deutschland (Tz. 12.1) vorbereiten soll. Zwei Treffen fanden jeweils im Mai und September in Kiel statt. Letzteres war so terminiert, dass das Treffen direkt im Anschluss an die Sommerakademie des ULD stattfand. Dies ermöglichte es dem AKIF, sich und seine Arbeit auf der Sommerakademie im Rahmen einer sogenannten Infobörse den Besuchern zu präsentieren und für Fragen zur Verfügung zu stehen.

Auf Sitzungen wurden die Entwürfe für die Entschließungen der IFK (Tz. 12.1) erarbeitet und auch die Arbeiten der eingerichteten Arbeitsgruppen besprochen. Hinzu kamen Diskussionen zu Themen wie anonyme Antragstellungen, Regelungen zur Datennutzung, Data Act der EU, Datenqualität, Hinweispflichten von informationspflichtigen Stellen auch über die Auskunftserteilung hinaus und tagesaktuelle Fragen.

Wir haben zwei Vorträge für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer organisiert. Dr. Moritz Karg vom Ministerium u. a. für Digitalisierung in Schleswig-Holstein berichtete zu Erfahrungen beim Aufbau des Transparenzportals des Landes Schleswig-Holstein. Weiterhin haben Philipp Waack und Christin Schäfer von acs plus zu „Blinder Fleck: Sensitive Geschäftsinformationen in technischen Daten“ referiert, wobei sie die Fragen der Erkennbarkeit eines Personenbezugs in einem Datenbestand auf sensible Geschäftsinformationen übertragen haben.

Auch haben wir einen monatlichen virtuellen Austausch der Gruppe eingeführt, der sich schnell bewährt hat und ermöglicht, auch auf aktuelle Themen kurzfristig zu reagieren.

Protokolle und andere Dokumente zu den Sitzungen sind öffentlich und können hier eingesehen werden:

https://www.datenschutzzentrum.de/artikel/1398-Arbeitskreis-Informationsfreiheit-AKIF.html
Kurzlink: https://uldsh.de/tb41-12-2

2023 wird der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit turnusgemäß den AKIF leiten.

Was ist zu tun?
Das ULD wird sein Engagement im AKIF fortsetzen.

 

12.3        Top 5 der Themen in Schleswig-Holstein

Unsere Hauptaufgabe im Bereich der Informationsfreiheit war auch 2022 die Vermittlung bei Beschwerden von Antragstellenden über vermeintlich unzureichende Beantwortung ihrer Anträge durch informationspflichtige Stellen. Auch wurden wir von einigen informationspflichtigen Stellen zu speziellen Fragen eingebunden. Nachdem in den letzten beiden Jahren ein Schwerpunkt auf Informationsanfragen rund um Corona und den Umgang der Behörden mit diesem Thema lag, waren 2022 wieder viele unterschiedliche Problembereiche an der Tagesordnung. Dabei traten sehr ähnliche Missstände auf, wie wir sie regelmäßig hier aufgelistet haben (vgl. u. a. 40. TB, Tz. 12.3):

  1. An erster Stelle steht weiterhin die Nichtbeantwortung von Anfragen. Das Informationszugangsgesetz Schleswig-Holstein (IZG-SH) verpflichtet informationspflichtige Stellen innerhalb eines Monats zu antworten. Dies kann zwar bei umfangreichen Angelegenheiten um einen weiteren Monat verlängert werden, aber auch hierüber muss innerhalb des ersten Monats begründet informiert werden. In vielen Fällen konnte nach Bitte um Stellungnahme und Hinweis durch uns dann doch die Beantwortung der Anfragen erreicht werden.
  2. Sehr nah an dem vorherigen Punkt ist der Umstand, dass einige informationspflichtige Stellen Anfragen offensichtlich nicht als IZG-Anfrage verstanden haben und deshalb nicht fristgerecht reagierten. Eine Nennung des IZG-SH ist in der Anfrage nicht erforderlich, wie auch nicht Stichworte wie „Informationsfreiheit“ oder „Informationszugang“. Die Behörde ist verpflichtet, Anfragen nach Informationen entsprechend auszulegen und nach dem IZG-SH zu behandeln.
  3. Wenn die informationspflichtigen Stellen Ablehnungsgründe nach §§ 9 oder 10 IZG-SH für ihren Fall identifiziert hatten, so wurde mehrfach übersehen, dass meist noch eine Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse (etwa der Betroffenen bei personenbezogenen Daten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen) und dem Veröffentlichungsinteresse erfolgen musste und auch Anhörungen durchzuführen sind. Bezüglich der Abwägung reicht unseres Erachtens ein Halbsatz, dass eine Abwägung erfolgt sei, nicht als Begründung aus.
  4. Auch besteht weiterhin bei einigen Stellen der Hang dazu, bei Vorliegen von Ausschlussgründen pauschal den Informationszugangsantrag abzulehnen. Dabei müsste genauer untersucht werden, welche Informationen tatsächlich etwa personenbezogen sind und welche nicht. Erstere könnten dann z. B. geschwärzt und letztere herausgegeben werden. Hierbei ist auch zu beachten, dass Schwärzungen stets im Rahmen des Bescheids begründet werden müssen.
    In der Praxis trat diese Frage besonders oft im Rahmen von Bauakten auf. Hierbei war jedoch auch zu beachten, dass insbesondere bei dieser Art der Informationen der Personenbezug sehr weit gehen kann, da auch etwa die Ausgestaltung des Baus Bezug zur Person haben kann.
  5. Immer wieder wurden die Versagungen von Informationen durch die Behörden eher informell an die Anfragende bzw. den Anfragenden übermittelt. Dabei handelt es sich jedoch um einen Bescheid, für den § 6 IZG-SH auch formelle Anforderungen aufstellt. So fehlten oft eine aussagekräftige Begründung und auch der Hinweis auf Rechtsschutzmöglichkeiten. Für die Petentin bzw. den Petenten hat Letzteres zwar den Vorteil, dass verlängerte Fristen etwa für den Widerspruch gelten, doch zeigt es auch, dass noch nicht bei allen informationspflichtigen Stellen der verpflichtende Charakter der Informationsfreiheit angekommen zu sein scheint.

Wir haben eine Broschüre mit den wichtigsten Hinweisen zum Informationsfreiheitsrecht in Schleswig-Holstein herausgegeben, die regelmäßig online aktualisiert wird:

https://www.datenschutzzentrum.de/uploads/praxisreihe/Praxisreihe-7-Informationszugang.pdf
Kurzlink: https://uldsh.de/tb41-12-3

Was ist zu tun?
Wir werden weiterhin bei Beschwerden von Antragstellenden vermitteln und gegebenenfalls bei informationspflichtigen Stellen auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben hinwirken. Mit Schulungen und Informationsmaterial soll die Sensibilisierung für diesen Bereich gesteigert werden.

 

12.4        Grundlegendes aus Gesetzgebung und Rechtsanwendung zum Informationszugang

Die Leiterin des ULD ist nach § 14 Informationszugangsgesetz Schleswig-Holstein (IZG-SH) auch die Landesbeauftragte für Informationszugang. Durch eine Gesetzesänderung in diesem Jahr wurden auch deren Befugnisse ausgeweitet. Das alte Recht berief sich insbesondere auf einen Verweis auf das LDSG, was jedoch spätestens seit dem Inkrafttreten der DSGVO Unklarheiten erzeugte (vgl. u. a. 39. TB, Tz. 12.1 und 40. TB, Tz. 12.1). Im Mittelpunkt steht weiterhin die Vermittlung in Streitfällen zwischen Antragsteller(inne)n und informationspflichtigen Stellen. Genauer geregelt ist jetzt, dass diese Stellen uns Auskünfte erteilen, Einsicht in Vorgänge und Aufzeichnungen und auch Zutritt zu ihren Diensträumen gewähren müssen. Auch können nunmehr Beanstandungen ausgesprochen werden.

Seit dem 1. Januar 2022 sind die Landesbehörden zu deutlich mehr aktiver Transparenz verpflichtet. Der § 11 IZG-SH zur Veröffentlichung von Informationen besteht zwar schon länger, doch erst mit dem oben genannten Stichtag sind einige weitere Teile der Regelung in Kraft getreten. Landesbehörden (mit einigen Ausnahmen wie Schulen oder Landrätinnen und Landräte) sollen zwar schon länger Erlasse, Haushaltspläne usw. aktiv veröffentlichen und in das Transparenzportal des Landes einstellen. Neu hinzugekommen sind nun aber u. a. Gutachten, Übersichten über Zuwendungen, Gerichtsentscheidungen, wesentliche Unternehmensdaten von Beteiligungen des Landes und Verträge. Auch schon länger erfasst sind elektronisch erteilte Auskünfte aufgrund der Anträge nach dem IZGSH, was noch nicht überall vollumfänglich zu erfolgen scheint.

Im Berichtszeitraum ist auch das Offene-Daten-Gesetz (ODaG) des Landes in Kraft getreten. Dieses Gesetz regelt die Bereitstellung unbearbeiteter Daten der Träger der öffentlichen Verwaltung des Landes Schleswig-Holstein als offene Daten, um damit den freien und ungehinderten Zugang der Allgemeinheit zu allen nicht schützenswerten, digitalen Daten zu stärken (§ 1 Abs. 1 ODaG). Die Landesbehörden sollen hiervon im Rahmen ihrer verfügbaren Ressourcen Gebrauch machen. Allerdings wird ein Anspruch auf Bereitstellung unbearbeiteter Daten durch das Gesetz nicht begründet. Im Berichtszeitraum hatten wir hiermit noch keine konkreten Berührungspunkte außer einem grundsätzlichen Interesse der Kollegen der IFK an der Ausgestaltung in Schleswig-Holstein. Die weitere Entwicklung werden wir jedoch sehr interessiert beobachten.

Weiterhin beschäftigt uns immer wieder die Frage, wann auch private Stellen als informationspflichtige Stellen angesehen werden können (vgl. auch 39. TB, Tz. 12.3). Das Gesetz nimmt auch diese in die Pflicht, soweit ihnen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung zur Erledigung in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts, insbesondere Aufgaben in den Bereichen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Abfallentsorgung, öffentlicher Nahverkehr, Energieerzeugung und -versorgung oder Krankenhauswesen, übertragen wurden. Konkret hatte in diesem Jahr ein städtisches Unternehmen im Bereich Fernwärme einen entsprechenden Antrag mit der Begründung abgelehnt, nicht vom IZG-SH erfasst zu sein. In einem anderen Fall betraf es den Betreiber einer Sportstätte. Während für Letzteres zumindest eine Teilauskunft erreicht werden konnte, ist der Fall zur Fernwärme noch offen und spitzt sich auf die Frage zu, wann eine Erledigung in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts konkret vorliegt. Wir werden im nächsten Tätigkeitsbericht dazu berichten.

Mit dem IZG-SH ging auch die Zusammenführung des Informationsfreiheitsrechts mit dem Umweltinformationsrecht einher. Für Umweltinformationen gibt es einige Erleichterungen. So gelten beim Zugang zu Informationen über Emissionen nicht die Versagungsgründe u. a. bezüglich personenbezogener Daten und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Im Berichtszeitraum betraf das beispielsweise die Frage, inwieweit potenzielle Grundwasserverunreinigungen im Zusammenhang mit einem Schießplatz unter diese Norm fallen. Dies haben wir grundsätzlich bejaht und daher zur näheren Beurteilung die Einsicht in die umstrittenen Informationen verlangt.

Immer noch steht der Bericht des Landtages zu den Auswirkungen des IZG-SH nach § 16 IZG-SH aus. Dieser hätte 2020 vorgelegt werden müssen.

Was ist zu tun?
Einige Gesetzesänderungen haben zu spürbaren Verbesserungen der Idee der Transparenz in Schleswig-Holstein geführt. Wo noch Unklarheiten bestehen, sollten diese in der nächsten Zeit ausgeräumt werden.

 

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