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Kernpunkte:


  • Änderung des IZG-SH nötig
  • Informationszugang und Ausschlussgründe

 

12  Informationsfreiheit

12.1        Änderung des IZG-SH nötig – nicht haltbarer Verweis vom IZG-SH ins LDSG-neu

Zur Anpassung an die Verordnung (EU) 2016/
679 (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO) und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 ist im Mai 2018 das neue Landesdatenschutzgesetz (LDSG) in Kraft getreten (Tz. 4.1.1). Damit verbunden ist eine gesetzliche Konkretisierung der Aufgaben und Befugnisse der oder des Landesbeauftragten für Datenschutz Schleswig-Holstein für den Bereich der Datenschutzaufsicht über öffentliche Stellen. Dadurch erhält die aufsichtsbehördliche Tätigkeit im Verhältnis zu der beratenden Tätigkeit deutlich mehr Gewicht. Im Gegensatz dazu weist die Tätigkeit der oder des Landesbeauftragten für Datenschutz im Bereich der Informationsfreiheit maßgeblich beratenden Charakter auf.

Der im IZG-SH enthaltene Verweis auf die im LDSG geregelten Aufgaben und Befugnisse der oder des Landesbeauftragten für Datenschutz Schleswig-Holstein ist wegen der unterschiedlichen Ausrichtung beider Gesetze nicht haltbar. So kann beispielsweise die nach dem LDSG (in Verbindung mit der DSGVO) bestehende Anweisungs- und Anordnungsbefugnis der oder des Landesbeauftragten für Datenschutz Schleswig-Holstein nicht auf den IZG-SH-Bereich übertragen werden.

Diese Situation erfordert eine Änderung des IZG-SH, und zwar dahin gehend, dass in das IZG-SH eine eigene und abschließende Regelung für die Aufgaben und Befugnisse der oder des Landesbeauftragten für den Bereich der Informationsfreiheit aufgenommen wird, wie dies auch in Nordrhein-Westfalen (§ 13 IFG NRW), Thüringen (§ 12 ThürIFG) oder Brandenburg (§ 11 AIG Brandenburg) der Fall ist.

Das ULD hat die bestehende unsichere Rechtslage gegenüber dem Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration des Landes Schleswig-Holstein aufgezeigt.

 

Was ist zu tun?
Dem Landesgesetzgeber wird empfohlen, in das IZG-SH eine eigenständige Bestimmung aufzunehmen, welche die Aufgaben und Befugnisse der oder des Landesbeauftragten für Datenschutz für den Bereich der Informationsfreiheit regelt.

 

12.2        Der Begriff der Emissionen  aus informationsfreiheitsrechtlicher Sicht

Viele Anträge nach dem IZG-SH beziehen sich auf Informationen über Emissionen. Nach den gesetzlichen Vorgaben kann sich die informationspflichtige Stelle in diesen Fällen auf einige Ausschlussgründe nicht berufen, wie z. B. auf den Schutz der Vertraulichkeit von Beratungen von informationspflichtigen Stellen, auf den Schutz personenbezogener Daten sowie auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.

Vor diesem Hintergrund ist von hoher Bedeutung, welche Angaben zu den „Informationen über Emissionen“ zählen. Das IZG-SH enthält dazu keine Begriffsbestimmung. Ein Rückgriff auf die Definition zu Emissionen im Bundesimmissionsschutzgesetz kommt nicht in Betracht, da der Europäische Gerichtshof (EuGH) für den Bereich der Informationsfreiheit den Begriff bestimmt und dessen Reichweite definiert hat (EuGH, Urteile vom 23.11.2016, C-442/14; C-673/13). Danach sind unter den Begriff „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ nicht nur die Angaben über Emissionen als solche erfasst (wie etwa Angaben über Art, Zusammensetzung, Menge, Zeitpunkt und Ort dieser Emissionen), sondern auch die Daten über die Auswirkungen auf die Umwelt. Nach Auffassung des EuGH bedeutet dies für Umweltauswirkungen bei Anwendung eines Produkts, dass zu den Emissionsdaten z. B. Informationen über die Rückstände in der Umwelt nach der Anwendung des Produkts und Studien zur Messung der Stoffdrift bei dieser Anwendung gehören, unabhängig davon, ob diese Daten aus Feldstudien, aus Laboruntersuchungen oder aus Translokationsstudien stammen. Weitere Informationen gibt der Leitfaden des ULD „Bauakten und Informationszugangsgesetz Schleswig-Holstein“, Ziffer II.3:

https://www.datenschutzzentrum.de/uploads/informationsfreiheit/ULD-Leitfaden-Bauakten-IZG_SH.pdf


Was ist zu tun?
Bei Anträgen nach dem IZG-SH ist zu prüfen, ob der Zugang zu Informationen über Emissionen begehrt wird. Dabei kann sich die informationspflichtige Stelle nicht auf jedweden gesetzlichen Ausschlussgrund berufen.

 

12.3        IZG-SH  und Urhebergesetz

Im IZG-SH wurden Ausschlussgründe normiert, die dem Schutz privater Interessen dienen. Einer dieser Ausschlussgründe bezieht sich auf den Schutz der Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere auf das Urheberrecht (§ 10 Satz 1 Nr. 3 IZG-SH). Soweit durch die Bekanntgabe von Informationen Urheberrechte verletzt würden und schutzwürdige private Interessen an der Geheimhaltung gegenüber dem öffentlichen Bekanntgabeinteresse überwiegen, ist der Antrag auf Zugang zu Informationen abzulehnen, es sei denn, die jeweils Betroffenen haben zugestimmt.

Urheberrechte stehen einem Informationszugang folglich dann entgegen, wenn es sich bei den begehrten Informationen

  • um ein urheberrechtlich geschütztes Werk im Sinne von § 2 Abs. 2 Urhebergesetz handelt,
  • kein Nutzungsrecht eingeräumt worden ist, das die behördliche Genehmigung des Informationszugangs einschließt, und
  • der Urheber in die Gewährung des Informationszugangs nicht eingewilligt hat bzw. das Geheimhaltungsinteresse gegenüber dem öffentlichen Bekanntgabeinteresse überwiegt.

Für den Schutz von Urheberrechten ist es unerheblich, ob es sich um Informationen zu Emissionen, sonstige Umweltinformationen oder andere Informationen handelt. Liegen die Voraussetzungen des Ausschlusses nach § 10 Satz 1 Nr. 2 IZG-SH vor, kommt ein Informationszugang, gleich um welche Art der Informationen es sich handelt, nicht in Betracht. Das ULD hat einen ausführlichen Beitrag zu diesem Thema veröffentlicht. Dieser ist abrufbar unter:

https://www.datenschutzzentrum.de/artikel/1250-.html


Was ist zu tun?
Die informationspflichtige Stelle muss in jedem Einzelfall prüfen, ob dem beantragten Informationszugang Urheberrechte Dritter entgegenstehen. Vor der Entscheidung über die Offenbarung der urheberrechtlich geschützten Informationen sind die betroffenen Dritten anzuhören, wobei ermittelt werden kann, ob eine Einwilligung in die Weitergabe der Information an den Antragsteller erteilt wird.

 

12.4        Keine Herausgabe von Informationen, die laufende Gerichtsverfahren betreffen

Mitunter kommt es vor, dass IZG-SH-Anfragen an Verwaltungseinrichtungen als informationspflichtige Stellen gerichtet sind und Informationen betreffen, die dort zwar vorhanden sind, jedoch laufende Verfahren bei Gericht betreffen. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob und wenn ja, in welchem Umfang diese Informationen herausgegeben werden dürfen.

Dies richtet sich nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 IZG-SH. Danach dürfen die Informationen von der informationspflichtigen Stelle nicht herausgegeben werden, soweit dies nachteilige Auswirkungen u. a. auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens hätte und das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung gegenüber dem öffentlichen Bekanntgabeinteresse überwiegt. Das bedeutet: Dieser Ausschlussgrund gilt nur für die Dauer des laufenden Gerichtsverfahrens.

Mit der Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 4 IZG-SH soll die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege gewährleistet werden. Dieser Ausnahmegrund greift immer dann ein, wenn entsprechend dem Zweck des Schutzes der Rechtspflege und der Rechtsdurchsetzung eine Verfahrensbeeinträchtigung zumindest möglich erscheint. Diese Möglichkeit kann beispielsweise dann gegeben sein, wenn durch das Bekanntwerden der betreffenden Informationen möglicherweise der Druck der öffentlichen Meinung auf den entscheidungsbefugten Spruchkörper einwirken könnte, wodurch letztendlich die Richtigkeit des Verfahrensergebnisses nicht mehr gewährleistet sein könnte. Um beurteilen zu können, ob eine solche Gefährdungslage möglich erscheint, bietet es sich an, dass die informationspflichtige Stelle beispielsweise das Gericht um eine entsprechende Stellungnahme bittet.

Hervorzuheben ist, dass sich der Ausschlussgrund nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 IZG-SH nicht auf Gerichte bezieht. Gerichte sind vielmehr, sofern sie als Organe der Rechtspflege tätig sind, vom Anwendungsbereich des IZG-SH nicht erfasst (§ 2 Abs. 4 Nr. 3 IZG-SH).


Was ist zu tun?
Beziehen sich die bei den informationspflichtigen Stellen vorhandenen begehrten Informationen auf ein laufendes Gerichtsverfahren, haben die informationspflichtigen Stellen insbesondere den Ausschlussgrund nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 IZG-SH zu prüfen.


12.5        Informationspflicht  öffentlicher Schulen

Im Rahmen einer Eingabe war zu klären, ob öffentliche Schulen in Schleswig-Holstein als informationspflichtige Stellen zu erachten sind. Maßgebend für die Beurteilung war der Umstand, dass nach dem IZG-SH insbesondere Behörden des Landes, der Gemeinden, Kreise und Ämter sowie die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu den informationspflichtigen Stellen zählen. Nach den schulrechtlichen Vorgaben sind öffentliche Schulen solche Schulen, deren Träger das Land, die Kreise, die Gemeinden oder die gesetzlich bestimmten Körperschaften des öffentlichen Rechts ohne Gebietshoheit sind. Die öffentlichen Schulen sind nicht rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts des Schulträgers. Soweit die Schulen als nicht rechtsfähige Anstalten aufgrund des Schulgesetzes Verwaltungsakte an Schülerinnen und Schüler oder Eltern richten, gelten sie als untere Landesbehörden (§ 2 Abs. 2 des Schulgesetzes Schleswig-Holstein).

In Abstimmung mit dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Schleswig-Holstein vertritt das ULD die Auffassung, dass es sich bei öffentlichen Schulen um informationspflichtige Stellen nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 IZG‑SH handelt. Das bedeutet, dass öffentliche Schulen bei Anträgen nach dem IZG-SH zunächst zu prüfen haben, ob spezialgesetzliche Regelungen (z. B. § 89 Abs. 4 Landesbeamtengesetz SH für den Bereich der Personalaktendaten) der Anwendung des IZG-SH entgegenstehen könnten (36. TB, Tz. 12.8). Ist dies nicht der Fall, ist zu prüfen, ob Ausschlussgründe nach §§ 9, 10 IZG-SH dem beantragten Informationszugang entgegenstehen könnten.

 

Was ist zu tun?
Öffentliche Schulen in Schleswig-Holstein sind informationspflichtige Stellen, müssen aber im Falle eines Zugangsantrags zunächst etwaige spezialgesetzliche Regelungen prüfen, die einer Anwendung des IZG-SH generell entgegenstehen können. Ist dies nicht der Fall, wird das IZG-SH angewendet.

 

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