4.8          Steuerverwaltung

4.8.1       Einsicht in Steuerakten  durch Insolvenzverwalter

Die Frage der Einsicht in Steuerakten bleibt aktuell (34. TB, Tz. 12.4). Eine besondere Note erhält die Frage, wenn ein Insolvenzverwalter in die Steuerakte einer Insolvenzschuldnerin Einsicht nehmen will. Insolvenzverwalter haben gegenüber Gläubigern den Anspruch auf Rückzahlung bereits erfüllter Verbindlichkeiten, um die Insolvenzmasse zur gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger anzureichern. Die Steuerbehörden sind attraktives Ziel für Anfechtungen. Sie erfahren oft frühzeitig über Zahlungsschwierigkeiten, dürfen selbst Vollstreckungstitel erstellen und können so rechtzeitig vor der Insolvenz Steuerforderungen vollstrecken. Dürfte das Finanzamt die Auskunft über bereits gezahlte Steuern gegenüber dem Insolvenzverwalter verweigern, würden diese Einnahmen unter Verletzung der Gleichbehandlung der Gläubiger oftmals dem Fiskus verbleiben. Eine Ausnahme vom Auskunftsanspruch nach dem Informationszugangsgesetz (IZG), wie sie in anderen Bundesländern besteht, ist im IZG nicht enthalten und kann vom ULD nicht befürwortet werden. Das IZG besteht unabhängig von den Regelungen der AO. Der Schutz des Fiskus vor Insolvenzanfechtungen ist ein durchaus nachvollziehbares Anliegen. Über das Informationszugangsrecht wird mit Landesrecht in das Regelungsgefüge des Insolvenzrechts eingegriffen. Die Frage sollte nach Auffassung des ULD einheitlich im Insolvenzrecht geregelt werden.

Das VG Schleswig entschied, wie zuvor schon andere Gerichte, im Oktober 2014, dass die Regelungen der Abgabenordnung das IZG nicht verdrängen, sondern nebeneinander anzuwenden sind. Der vom Bundesfinanzministerium ergangene Anwendungserlass zur Abgabenordnung aus dem Jahr 1998 ist lediglich eine Handreichung zur Ermessensausübung nach der Abgabenordnung und hat keinen Einfluss auf Ansprüche nach dem IZG. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Was ist zu tun?
Finanzämter haben nach dem IZG beantragte Auskünfte zu erteilen, sofern keine spezifischen Ausschlussgründe des IZG dagegensprechen.

 

4.8.2       Druckaufträge in Steuersachen – nicht bei privaten Dritten

Der Versand von Unterlagen in Besteuerungsverfahren ist ein Massengeschäft. Der Wunsch, Druck, Kuvertieren und Versand auszulagern, ist nachvollziehbar. Entsprechende Angebote für hybride Versandmethoden sind auf dem Markt vorhanden. Diese können aber bei Steuerangelegenheiten nicht genutzt werden. Im Bereich des Steuerwesens gilt aufgrund des Steuergeheimnisses ein besonderer Vertrauensschutz. Für die elektronische Kommunikation im Steuerverfahren ist eine durchgängige Verschlüsselung von Mitteilungen der Finanzbehörden vorgesehen. Bei hybriden Versandverfahren mit Druck durch Dritte müssen zumindest für den Druckvorgang die Daten entschlüsselt werden. Die Daten genießen nicht mehr den hohen Schutz des Telekommunikationsgesetzes, dem sie während der digitalen Übermittlung unterliegen; der Geheimnisschutz des Postgesetzes beginnt erst mit dem Einsammeln der Briefe, also nach Druck und Kuvertieren. Der Druck darf auch nicht im Rahmen einer Auftragsdatenverarbeitung erfolgen, weil mit der Verarbeitung von Daten, die dem Steuergeheimnis unterliegen, nur öffentliche Stellen betraut werden dürfen.

Damit fehlt es an einer Rechtsgrundlage zur Übermittlung und Offenbarung von Steuergeheimnissen bei hybriden Versandverfahren. Eine gesetzgeberische Regelung, dass das temporäre Entschlüsseln rechtlich unschädlich sei, fehlt für hybride Verfahren. Eine solche Klarstellung durch den Gesetzgeber ist in Kenntnis des konkreten Regelungsbedarfs ausgeblieben.

Was ist zu tun?
Auf externe Anbieter darf für Druck und Versand von Unterlagen in Steuerangelegenheiten nicht zurückgegriffen werden.

 

4.8.3       Die nacheheliche Indiskretion des Finanzamtes

Ein Petent wurde vor mehreren Jahren von seiner Frau geschieden und hatte dies mehrfach den Finanzbehörden mitgeteilt. Dies hinderte das zuständige Finanzamt nicht, auch der geschiedenen Ehefrau Mitteilungen über die Eigenheimzulage ihres Ex zu machen. Es zeigte sich, dass die automatische Versendung des Schreibens anlässlich eines Zuständigkeitswechsels der Finanzämter auf einem Programmfehler beruhte. Die mitgeteilte Steuernummer galt noch für die Ehezeiten und war nicht mehr aktiv. Das Finanzamt sicherte zu, das Problem zu lösen, sodass künftig keine Schreiben mehr an die Ehefrau gehen. Nach der Scheidung werden neue Steuernummern vergeben, womit verhindert werden soll, dass Informationen dem jeweils anderen bekannt werden.

 

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