4.7          Wissenschaft und Bildung

Schulen hinkten über Jahre hinweg hinsichtlich des Einsatzes von Informationstechnik (IT) der übrigen Verwaltung und der Wirtschaft hinterher. Dies hat sich mit der massiven Verbreitung insbesondere von mobilen IT-Geräten wie Smartphones bei Schülerinnen und Schülern sowie bei den Lehrkräften schlagartig geändert (Tz. 4.7.3). Der enorme Bedarf nach Einsatz von mehr Social Media in den Schulen veranlasste das ULD, sich im Februar 2011 an das Bildungsministerium mit einer Liste zu bewältigender Aufgaben zu wenden. Heikle Vorfälle an Schulen in Schleswig-Holstein bestätigten, dass neue Regeln sowie eine Modernisierung und Standardisierung beim IT-Einsatz einschließlich besserer Sicherungsmaßnahmen dringend nötig sind.

Schon ein Jahr später bestand Anlass, die Skizze „personenbezogene Datenverarbeitung der Schulen“ zu überarbeiten und zu veröffentlichen, verbunden mit der erneuten dringenden Bitte an das Bildungsministerium, ordnend tätig zu werden. Diese Bitte fand bei dem neu besetzten Bildungsministerium Gehör. Das ULD einigte sich im November 2012 mit dem Staatssekretär des Bildungsministeriums, die in der Skizze genannten Problempunkte gemeinsam systematisch abzuarbeiten.

https://www.datenschutzzentrum.de/schule/20120417-strategiepapier-schulen.html

 

4.7.1       Schulen und Facebook

Das ULD wurde darauf aufmerksam gemacht, dass Facebook als Kommunikationsplattform zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern über private Facebook-Profile genutzt wird. Dies ist datenschutzrechtlich wie pädagogisch infrage zu stellen.

Teilweise wurden Schulausfälle wegen Schnee, Hausaufgaben und Seminaraufgaben nur über Facebook-Profile der Lehrkräfte bekannt gegeben. Da es sich dabei um eine schulinterne bzw. unterrichtserforderliche – also dienstliche – Kommunikation handelt, ist eine Nutzung von Facebook als Kommunikationsplattform unzulässig.

Für die Verarbeitung von Schülerdaten finden die Vorschriften des § 30 Schulgesetzes (SchulG) und der Datenschutzverordnung Schule (DSVO Schule) Anwendung. Nach § 4 Abs. 1 DSVO Schule ist für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern die Schulleiterin oder der Schulleiter verantwortlich. Der Umfang der personenbezogenen Daten, die nach § 30 Abs. 1 SchulG von der Schule verarbeitet werden dürfen, ist dort und ergänzend in der Anlage zu § 4 der DSVO Schule abschließend aufgeführt. Als Telekommunikationsdaten dürfen nur die Telefonnummern und die E-Mail-Adressen der Eltern erhoben und weiterverarbeitet werden. Die Erhebung und Weiterverarbeitung von eigenen Telekommunikationsadressen der Schülerinnen und Schüler ist in diesen Vorschriften nicht vorgesehen. Aus Sicht des ULD ist gegen die Nutzung solcher Daten durch die Lehrkräfte im Grundsatz nichts einzuwenden, wenn es dem Unterrichtszweck dient. Doch darf von den Vorgaben der oben genannten Vorschriften nicht abgewichen werden. Die erforderlichen Daten werden von der Schulleitung zur Verfügung gestellt. Die Nutzung von Facebook-Accounts – und damit auch die Erhebung durch die Lehrkräfte – ist selbst mit der Einwilligung der Schülerinnen und Schüler im Rahmen ihrer schulischen Tätigkeit nicht zulässig, da die Schule diese Daten generell nicht erheben darf.

Das Ministerium für Bildung und Wissenschaft des Landes Schleswig-Holstein hat sich mit einem Schreiben vom November 2012 an alle Schulen dieser Bewertung angeschlossen. Das Ministerium hält eine direkte dienstliche Kommunikation über Facebook für unzulässig. Das Ministerium weist zu Recht darauf hin, dass Schülerinnen und Schüler keinen Nachteil dadurch erfahren dürfen, dass sie an einer Kommunikation schulisch relevanter Themen über Facebook nicht teilnehmen.

Bezüglich der Nutzung einer Facebook-Fanpage durch Schulen verweisen wir auf unsere allgemeinen Ausführungen zu öffentlichen Stellen (Tz. 1.5). Das Ministerium für Bildung und Wissenschaft schlägt für den Bereich der Schulen vor, auf den Betrieb von Fanpages auf Facebook zu verzichten.

 

4.7.2       LanBSH  mausert sich zur „Allzweckwaffe“ für mehr Effizienz

Das LanBSH eröffnet immer mehr Möglichkeiten, personenbezogene Daten von Schülerinnen und Schülern sicher im Landesnetz zu übermitteln. Für die Schulen ist dies eine Arbeitserleichterung. Wiederkehrende gesetzliche Aufgaben können so automatisiert bearbeitet werden.

Im Jahre 2011 wurde erstmalig die jährliche Schulstatistik größtenteils über das LanBSH abgewickelt. Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein erhielt so wesentlich schneller die erforderlichen statistischen Daten als zuvor. Möglich wurde dies durch die genaue Abstimmung bestimmter Schulverwaltungsprogramme auf die Schnittstellendefinition für die Erzeugung der schulstatistischen Daten.

Alle Schulen, die diese Programme einsetzten und bereits am LanBSH angeschlossen waren, konnten schnell valide Daten an das Statistische Amt übermitteln. Schulverwaltungen ohne Anschluss zum LanBSH und ohne kompatible Schulverwaltungsprogramme mussten ihre statistischen Daten über aufwendigere andere Wege zur Verfügung stellen.

Über das LanBSH wird zukünftig auch die Mitteilung der Schulabgängerinnen und Schulabgänger aus den allgemeinbildenden Schulen und Förderzentren an die beruflichen Schulen in automatisierter Form erfolgen. Auch in diesem Fall ist ein kompatibles Schulverwaltungsprogramm und der LanBSH-Anschluss Voraussetzung. Ein flächendeckender Einsatz wird den Verwaltungsaufwand der allgemeinbildenden und der beruflichen Schulen in dieser Hinsicht spürbar minimieren.

Die Effizienzsteigerung durch solche automatisierten Vorgehensweisen trägt auch zur Wirtschaftlichkeit bei. Damit wird den Anmerkungen des Landesrechnungshofes Rechnung getragen, der einen weiteren Ausbau des LanBSH und die Vereinheitlichung der Schulverwaltungsprogramme gefordert hat.

Was ist zu tun?

Das Land sollte unter Federführung des Bildungsministeriums den Anschluss der noch nicht an das LanBSH angeschlossenen Schulen forcieren und einheitliche Vorgaben für datenschutzkonforme Schulverwaltungsprogramme festlegen.

 

4.7.3       Neue Möglichkeiten des EDV-Einsatzes in der Schule  – neue Fragen

Smartphones und Tablets halten Einzug in den Schulen bei Schülerinnen und Schülern wie bei Lehrkräften. Letztere nutzen ihre privaten Geräte auch für die Verarbeitung von dienstlichen Schülerdaten. Dies wirft Fragen auf, die schnellstmöglich beantwortet werden müssen.

Das ULD erreicht eine Vielzahl von Anfragen von Schulleitungen und Lehrkräften, ob der Einsatz dieser Geräte zur Verarbeitung von Schülerdaten in der Schule zulässig ist. Insbesondere die Anwendung „TeacherTool“, die derzeit nur auf Geräten der Firma Apple lauffähig ist, ermöglicht diesbezüglich viele Nutzungen. Die Verwaltung von Klassenlisten und Fotos der Schülerinnen und Schüler, aber auch von Noten ist vorgesehen. Diese Anwendung ersetzt den traditionellen Papierlehrerkalender. Die geltenden bereichsspezifischen Regeln erlauben den Lehrkräften eine personenbezogene Datenverarbeitung mit privaten informationstechnischen Geräten mit Genehmigung der Schulleitung ausschließlich in ihrem häuslichen Bereich. Eine Verwendung von Smartphones und Tablets zur Verarbeitung personenbezogener Daten in der Schule ist durch diese Vorschrift nicht abgedeckt. Die Datensicherheit dieser Geräte ist derzeit nicht hinreichend gewährleistet. Das ULD rät deshalb im Moment von der Nutzung dieser Geräte und der genannten Anwendung ab.

Dessen ungeachtet kann der Einsatz solcher neuen Geräte den Arbeitsalltag der Lehrkräfte künftig auch im Hinblick auf die Verarbeitung personenbezogener Daten erleichtern. Eine solche Nutzung in datenschutzkonformer Weise setzt aber eine Überarbeitung der Rechtsgrundlagen voraus, die Anforderungen an eine sichere Verarbeitung der Daten, etwa zum Schutz vor dem Zugang Unbefugter, festlegen.

Was ist zu tun?

Das Bildungsministerium sollte darüber befinden, ob und unter welchen Voraussetzungen Lehrkräften die Nutzung privater Smartphones und Tablets zur Verarbeitung personenbezogener Daten der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern erlaubt werden soll. Das Ergebnis muss Eingang in die Rechtsgrundlagen und Verfahrensregeln finden sowie in die Anforderungen hinsichtlich der Datensicherheit dieser Geräte.

 

4.7.4       Handreichung für die Schulsozialarbeit

Die Handreichung des ULD für die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter erweist sich als sinnvolle Hilfe bei der täglichen Arbeit.

Im letzten Tätigkeitsbericht (33. TB, Tz. 4.7.7) berichteten wir über die datenschutzrechtlichen Herausforderungen für Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter in ihrer täglichen Praxis. Um ihnen im datenschutzrechtlichen Bereich Handlungssicherheit zu geben, haben wir zusammen mit dem Sozialministerium und dem Bildungsministerium im Jahr 2011 wie angekündigt eine Broschüre fertiggestellt, zu der wir zahlreiche positive Rückmeldungen erhalten. Unsicherheiten hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen Schule und Schulsozialarbeit bleiben aber weiterhin bestehen. Dies mag am Fehlen hinreichend präziser Rechtsvorschriften liegen. Weder im Schulgesetz noch in der Datenschutzverordnung Schule finden sich bisher hierzu Vorgaben.

Was ist zu tun?

In der Datenschutzverordnung Schule sollten vom Bildungsministerium zur Datenverarbeitung hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen Schulsozialarbeit und Schule eindeutige Regelungen verankert werden.

 

4.7.5       Regeln für die Videoüberwachung  in Schulen

Schulen und Schulträger wünschen sich häufig aus Sicherheitsgründen den Einsatz von Videoüberwachungstechnik in den Schulen. Mit einem Erlass des Bildungsministeriums wurde nun Rechtssicherheit geschaffen.

In den letzten Jahren wurden wir immer intensiver von Schulen und Schulträgern um datenschutzrechtliche Beratung zur Installation von Videoüberwachungsanlagen gebeten. Schulen wollten Kameras in und an den Gebäuden installieren, um z. B. vermehrt auftretende Diebstähle von Schuleigentum oder von Sachen der Schülerinnen und Schüler aufzuklären bzw. zu verhindern. Schulträger äußerten vorrangig ihr Interesse am Schutz ihrer Schulgebäude, insbesondere vor Graffiti und anderen Sachbeschädigungen. Das ULD sieht aus Datenschutzsicht die Installation von Videoüberwachungskameras in Schulgebäuden kritisch, das Bildungsministerium hat bildungspolitische Vorbehalte. Doch lassen sich die Argumente für mehr visuelle Kontrolle nicht pauschal zurückweisen.

Deshalb haben das ULD und das Bildungsministerium in Absprache mit den die Schulträger vertretenden kommunalen Landesverbänden eine Erlasslösung entwickelt, die dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräften Rechnung trägt und andererseits den Bedürfnissen der Schulträger entgegenkommt. Der Erlass (NBl. MBK. Schl.-H. 2010, S. 145) gibt klare Hinweise, für welche Zwecke und an welchen Örtlichkeiten Videokameras installiert werden dürfen. Ferner werden Vorgaben für den Beginn und das Ende der Videoaufzeichnungen sowie die maximale Speicherungsdauer für die Videosequenzen und den Zugriff auf die Bilder festgelegt.

 

4.7.6       Tausche Fingerabdruck gegen Schulmittagessen

Schulen bieten ihren Schülerinnen und Schülern Mittagsverpflegung in eigenen Mensen an. Dabei finden auch elektronische Systeme Anwendung, die die Verwaltung der Essenausgabe über die Fingerabdrücke der Schülerinnen und Schüler steuern.

Besorgte Eltern informierten uns, dass Schulen zur Organisation ihrer Mittagsverpflegung die Fingerabdrücke der betroffenen Schülerinnen und Schüler einscannen. Seitens der Schule waren ihnen die technischen Prozesse nur ungenügend erklärt worden. Wir schauten uns deshalb das Verfahren und die damit verbundene Verarbeitung personenbezogener Daten an und konnten hier Entwarnung geben. Bei dem Verfahren werden keine kompletten Fingerabdrücke eingescannt und gespeichert, sondern nur bestimmte Punkte eines Fingerabdrucks in einen mathematischen Wert, einen Hashwert, umgerechnet. Der Fingerabdruck erzeugt immer denselben Hashwert und ermöglicht so eine Zuordnung zu den bestellten Mittagessen.

Das von uns geprüfte Programm verarbeitet die personenbezogenen Daten der Schülerinnen und Schüler sowie die Hashwerte separat vom Mensaverpflegungsprogramm. Die Firma, die die Mittagsverpflegung herstellt, erhält also keine Kenntnis von diesen Daten. Unter diesen Bedingungen haben wir das Verfahren als datenschutzrechtlich zulässig erachtet. Der Vorgang zeigte, wie wichtig es ist, vor der Einführung solcher Systeme eine umfassende Aufklärung der Elternschaft vorzunehmen.

Was ist zu tun?

Schulen, die die Einführung eines auf Fingerabdrücken basierenden Essenausgabesystems für ihre Mensen planen, sollten vorher prüfen, ob das System den Datenschutzanforderungen genügt. Über die technischen und organisatorischen Gegebenheiten sollte vor der Einführung umfassend informiert werden.

 

4.7.7       Zwischen Schule  und Beruf – datenschutzkonformes Übergangsmanagement

Kreise und kreisfreie Städte haben in den letzten Jahren Projekte aufgelegt, um minderjährigen Schulabgängerinnen und Schulabgängern, die keinen Ausbildungsplatz erhalten haben, den Übergang in die Berufsausbildung zu erleichtern.

Diese Projekte möchten von den Schulen die personenbezogenen Daten der Schulabgängerinnen und Schulabgänger erhalten, um diese gezielt anzusprechen. Projektleitungen wandten sich an uns und baten um Beratung. Wir mussten mitteilen, dass eine Übermittlung der personenbezogenen Daten von den allgemeinbildenden Schulen und den Förderzentren nur mit der Einwilligung der betroffenen Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern möglich ist. Gemeinsam konnten aber dennoch Wege gefunden werden, die Projektarbeit erfolgreich durchzuführen. Eine enge Zusammenarbeit der Projekte mit den betroffenen Schulen erlaubt es, ohne größere Schwierigkeiten und ohne Vorabübermittlungen die nötigen Einwilligungserklärungen zu erhalten. Entscheidend sind eine klar strukturierte Planung der Vorgehensweise vor Beginn des Projekts und Transparenz gegenüber den Betroffenen.

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