12 Informationsfreiheitsgesetz
12.1 Die geplante Novelle des IFG-SH
Auf Landesebene soll wegen der Notwendigkeit der Umsetzung der Europäischen Umweltinformationsrichtlinie eine Ausweitung des Informationsfreiheitsgesetzes auf Umweltinformationen erfolgen. Statt einer transparenzfreundlichen Novellierung droht zugleich in anderen Bereichen eine Beschneidung der Informationsansprüche der Bürgerinnen und Bürger.
Ende 2004 hatte die SSW-Landtagsgruppe einen Entwurf zur Novellierung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG-SH) vorgelegt, um Unklarheiten aus der Gesetzesanwendung zu beheben und den Anwendungsbereich des Gesetzes auszuweiten. Zugleich sollte das europarechtlich geforderte Umweltinformationsrecht in das IFG-SH integriert werden. Vonseiten der Landesregierung war zunächst für Umweltinformationen ein eigenes Gesetz geplant. Das Ende der Legislaturperiode im Februar 2005 stand jedoch einer Einigung über konkrete Formulierungen des Gesetzentwurfes entgegen.
Im Mai 2005 legte die SSW-Landtagsgruppe erneut ihren Vorschlag vor. Neben der Einbeziehung des Umweltinformationsrechts stellt dieser Entwurf klar, dass privatrechtliches Handeln von Behörden unter den Anwendungsbereich des IFG-SH fällt. Zugleich sieht der Entwurf eine gewisse Ausweitung des Anwendungsbereiches auf natürliche oder juristische Personen des Privatrechts vor. Diese Änderungen verstehen sich als Antwort auf die Privatisierung bisheriger öffentlicher Aufgaben und werden vom ULD unterstützt.
Auch die Landesregierung will eine Novellierung des gesamten Rechtsbereiches – Umweltinformationsgesetz und Informationsfreiheitsgesetz – vornehmen. Der von ihr im Januar 2006 präsentierte Gesetzentwurf sieht aber keine inhaltliche Integration der Umweltinformationen in das IFG-SH, sondern eine strikte Trennung der beiden Rechtsgebiete vor. Gleichzeitig wird der Zugang zu den allgemeinen Informationen der Verwaltung erheblich eingeschränkt. Diese Änderungsvorschläge sind vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen mit dem geltenden IFG-SH und der bundesweiten Tendenz zu mehr Transparenz nicht nachvollziehbar.
Viele Punkte des Entwurfes der Landesregierung sind für uns unverständlich bzw. stark kritikwürdig:
Der Gesetzentwurf unterscheidet durchgehend zwischen Umweltinformationen und allgemeinen Informationen der Verwaltung. Das angekündigte Ziel der Vereinheitlichung des Rechtsbereichs "Informationsfreiheit" wird aufgegeben. Es stellt sich die Frage, warum das IFG-SH und das UIG (Umweltinformationsgesetz) überhaupt zusammengefasst werden sollen. Die Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie auf Landesebene darf nicht zum Anlass genommen werden, Grundprinzipien des IFG-SH, die sich in der Praxis bewährt haben, grundlos zu streichen.
Der Zugang zu allgemeinen Informationen der Verwaltung soll stark eingeschränkt werden:
- Das privatrechtliche Handeln der Behörden soll nicht mehr vom Anwendungsbereich des Gesetzes umfasst sein. Damit würde ein großer Bereich herausfallen, der von besonderem Interesse für die Bürger ist. Soll ein Informationsfreiheitsgesetz ernsthaft die Transparenz und Akzeptanz der Verwaltung erhöhen und die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Bürger verbessern, darf nicht nur das klassische Verwaltungshandeln dem Informationszugang unterliegen. Gerade im Bereich der Mittelverwendung der öffentlichen Hand besteht ein gesteigertes Bedürfnis nach Transparenz. Eine Herausnahme des privatrechtlichen Handelns aus dem Anwendungsbereich stünde im Widerspruch zu der Rechtslage sämtlicher sonstiger Informationsfreiheitsgesetze und allen aktuellen Bestrebungen bei der Korruptionsbekämpfung.
- Natürliche und juristische Personen, denen öffentliche Aufgaben übertragen sind, sollen aus dem Anwendungsbereich herausgenommen werden. Angesichts der verstärkten Übertragung von öffentlichen Aufgaben auf Private würde ein bedeutender Bereich "informationsfrei" gestellt werden. Dies ist nicht sachgerecht, da eine Behörde die Wahl hat, ihre Aufgaben in öffentlicher oder privatrechtlicher Handlungsform zu erledigen. Wählt sie letztere Möglichkeit und betraut eine nicht beliehene Person des Privatrechts mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, sollten auch die an den Dritten übergebenen Informationen zugangspflichtig sein. Eine solche "Flucht ins Private" steht im Widerspruch zu den Grundsätzen des Verwaltungsprivatrechts.
- Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sollen per se geheimhaltungspflichtig sein. Die geltende Klausel, die eine Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse des Unternehmens und dem Offenbarungsinteresse der Allgemeinheit vorsieht, soll gestrichen werden. Vor dem Hintergrund der Debatte um eine effektivere Korruptionsbekämpfung, der die Informationsfreiheitsgesetze auch dienen sollen, ist eine pauschale Ablehnung bei Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses nicht haltbar. Ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit an der Offenbarung solcher Informationen ist in der Vergangenheit mehrfach – auch gerichtlich – festgestellt worden (z. B. Tz. 12.2.1). Gründe für eine Änderung der geltenden Regelung gibt es nicht.
Statt wegen der insgesamt guten Erfahrungen mit dem IFG-SH dieses umsichtig weiterzuentwickeln, versteckt sich hinter den bürokratisch daherkommenden Vorschlägen der Landesregierung ein massiver Rückbau der Informationsansprüche.
Wir haben den Verantwortlichen signalisiert, dass eine solche Initiative aus unserer Sicht nicht sachdienlich ist. Unsere vollständige Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung finden Sie unter
Was ist zu tun?
Die geplante Novellierung des IFG-SH sollte zu einem vernünftigen weiteren Ausbau der Informationsansprüche der Menschen führen und darf nicht zu deren Abbau genutzt werden.
12.2 Einzelfragen zum Informationszugang
12.2.1 Einsichtnahme in Protokolle von Aufsichtsratssitzungen einer GmbH
Gemeinden übertragen zunehmend ihre Aufgaben auf private Unternehmen. An den zumeist neu gegründeten Unternehmen sind die Kommunen beteiligt und üben durch die Entsendung des Bürgermeisters oder von Gemeindevertretern in das Kontrollorgan den gesetzlich vorgeschriebenen Einfluss aus. Die Informationen, die die Kommune im Rahmen ihrer Beteiligung erhält, sind für viele von großem Interesse.
Stadtverordnete hatten erfahren, dass bei einem in ihrer Stadt als GmbH betriebenen Freizeitbad hohe Defizite zu erwarten wären. Dies sollte die Erhöhung der städtischen Zuschüsse im Haushaltsplan zur Folge haben. Die Stadtverordneten wollten daher Einblick in die Protokolle und Niederschriften der Sitzungen des Aufsichtsrates des Freizeitbades nehmen. Dem Aufsichtsrat gehören der Bürgermeister sowie zwei weitere Stadtverordnete an. Der Bürgermeister lehnte diesen Antrag ab, weil in den Protokollen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten seien. Das Interesse der Allgemeinheit an der Offenbarung müsse zurückstehen. Eine Schwärzung der Betriebsinterna sei ausgeschlossen, da die Sitzungen pauschal geheimhaltungsbedürftig seien.
Eine solche pauschale Ablehnung erlaubt das IFG-SH nicht. Nicht alle Geschäftsgeheimnisse sind geheim zu halten. Es gibt keinen Grundsatz, wonach das Interesse des Unternehmens an der Geheimhaltung im Regelfall höher zu bewerten ist als das Offenbarungsinteresse der Allgemeinheit. Es ist vielmehr eine Abwägung vorzunehmen. Für die Geheimhaltung sprechen die Sicherung von Vermögenswerten und Wettbewerbsvorteilen. Relevant ist das Ausmaß des wirtschaftlichen Schadens, der entstünde, wenn ein Geheimnis preisgegeben würde. Dem steht das Informationsinteresse der Allgemeinheit entgegen, wie öffentliche Mittel verwendet werden. Die Stadt ist verpflichtet, möglichst sparsam zu wirtschaften.
Bei einer Durchsicht der Protokolle stellten wir fest, dass diese nur zum Teil Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten und eine Abtrennung möglich ist. Die Stadt hat daraufhin den Stadtverordneten die Protokolle zur Verfügung gestellt. Passagen mit Betriebsgeheimnissen wurden geschwärzt.
Was ist zu tun?
Eine pauschale Ablehnung des Informationsersuchens aufgrund des Vorliegens von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ist nicht zulässig. Erforderlich ist immer eine auf den Einzelfall bezogene Abwägung zwischen dem Geheimhaltungs- und dem Offenbarungsinteresse.
12.2.2 Informationszugang im Besteuerungsverfahren
Im Besteuerungsverfahren gelten die Vorschriften der Abgabenordnung. Die Finanzämter haben danach das Steuergeheimnis zu wahren. Die Finanzverwaltung meint, dass das IFG-SH im Besteuerungsverfahren nicht anwendbar sei.
Ein Petent hatte eine Zulage nach dem Eigenheimzulagengesetz beantragt und erhalten. Jetzt wollte er von seiner Finanzbehörde Auskunft über weitere Einzelfälle aus dem gleichen Zeitraum erhalten. Das Finanzamt verweigerte dies mit der Begründung, das IFG-SH sei im Besteuerungsverfahren nicht anwendbar. Die bundesrechtlichen Vorschriften der Abgabenordnung (AO) würden den landesrechtlichen Vorschriften des IFG-SH vorgehen: "Bundesrecht bricht Landesrecht". Das Steuergeheimnis verbiete die Offenbarung personenbezogener Daten und Geschäftsgeheimnisse, die das Finanzamt von den Steuerpflichtigen zur Festsetzung der Steuer erhält.
Die AO enthält unbestreitbar besondere Vorschriften zum Schutz des Steuergeheimnisses und zur Anhörung des betroffenen Steuerpflichtigen. Dies schließt aber die Anwendung des IFG-SH nicht vollständig aus. Die Kollisionsnorm des Grundgesetzes kommt nur zur Anwendung, wenn die Vorschriften identische Sachverhalte mit unterschiedlichen Rechtsfolgen belegen. Die AO und das IFG‑SH haben jedoch unterschiedliche Zielrichtungen und Adressaten. Die AO regelt ausschließlich die Beteiligung des betroffenen Steuerpflichtigen und garantiert dessen rechtliches Gehör. Das IFG-SH hingegen gewährt den Bürgerinnen und Bürgern generell einen individuellen Informationszugang und dient der Erhöhung der Transparenz in der Verwaltung. Daher kommen die Vorschriften des IFG-SH und der AO nebeneinander zur Anwendung. Eine Kollision der Vorschriften ist schon dadurch ausgeschlossen, dass das IFG-SH Akteneinsicht grundsätzlich nur unter Wahrung der Belange Dritter gewährt. Personenbezogene Daten Dritter dürfen auch nach dem IFG-SH nicht herausgegeben werden, sodass das Steuergeheimnis Dritter nicht gefährdet ist.
Das Finanzamt weigerte sich dennoch, dem Petenten Auskunft zu erteilen. Dies haben wir schon wegen der Begründung der Ablehnung beanstandet. Das Innenministerium Schleswig-Holstein als Kommunalaufsichtsbehörde hat sich allerdings der Argumentation des Finanzamtes angeschlossen. Der Betroffene kann daher seinen Anspruch nur noch im Wege eines Klageverfahrens geltend machen.
Was ist zu tun?
Die Finanzverwaltung muss akzeptieren, dass für sie in Sachen Informationsfreiheit kein Sonderrecht gilt.
12.2.3 Bauakte des Nachbarn
Informationsersuchen betreffen oft die nachbarrechtlichen Verhältnisse von Bürgern, insbesondere Streitigkeiten aus dem Bereich des Baurechts. Es ist dann zu klären, ob der Anfragende das Recht hat, personenbezogene Daten seines Nachbarn einzusehen.
Ein Petent wollte die Baugenehmigungsakte eines Hafens einsehen, der sich in unmittelbarer Nähe seines Grundstückes befand. Er befürchtete nach der geplanten Erweiterung des Hafens eine erhöhte Lärmbelästigung und stärkeres Verkehrsaufkommen. Die Baugenehmigungsakte enthält personenbezogene Daten des Adressaten, die nach dem IFG-SH nur im Ausnahmefall offenbart werden dürfen.
Ein solcher Sonderfall liegt vor, wenn der Antragsteller ein überwiegendes rechtliches Interesse an der Kenntnis der Daten hat. Dies ist der Fall, wenn der Antragsteller einen Anspruch verfolgt, der sich aus einer konkreten Rechtsbeziehung zu dem Betroffenen ergibt. Dabei kann es sich auch um Ansprüche handeln, die sich gegen eine öffentliche Stelle richten. Wendet sich ein Bürger gegen eine dem Nachbarn erteilte Baugenehmigung, liegen diese Voraussetzungen zweifelsfrei vor. Eine rechtswidrig erteilte Baugenehmigung und eine nicht der Baugenehmigung entsprechende Bauweise kann den Nachbarn in seinen Rechten verletzen. Bei einem Rechtsverstoß hätte er einen Anspruch gegen die Behörde auf Überprüfung und gegebenenfalls Aufhebung der Baugenehmigung. Ein solches rechtliches Interesse bestand hier, weil durch die Erweiterung des Hafenbetriebes mit unter Umständen unzumutbaren Belästigungen zu rechnen war. Der Petent hat letztlich Einsicht in die Bauakten des Hafens nehmen können.
12.2.4 Mitglieder von Bürgerinitiativen sind auch Privatpersonen
Menschen organisieren sich in Bürgerinitiativen, um gemeinsam auf die öffentliche Meinungsbildung Einfluss zu nehmen. Hierfür benötigen die Initiativen oft Verwaltungsinformationen. In diesem Fall können sich die Mitglieder auf das Informationsfreiheitsgesetz berufen.
Eine Gemeinde plante aufgrund verschiedener Bauprojekte Änderungen im Bebauungsplan. Ein Planungsbüro stellte hierzu seine Vorschläge in einer öffentlichen Sitzung des Planungsausschusses vor. Ein Rechtsgutachten zu dem Bebauungsplan wurde erstellt. Da die Bauvorhaben in der Gemeinde auf Widerstand stießen, wurde eine Bürgerinitiative gebildet. Diese Initiative bat um Einsicht in die vom Planungsbüro vorgelegten Folien. Der Antrag wurde mit dem Argument abgelehnt, Bürgerinitiativen seien keine juristischen Personen des Privatrechts und nicht anspruchsberechtigt im Sinne des IFG-SH.
Diese Auslegung ist mit den Zielen des Gesetzes nicht vereinbar. Jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts hat Anspruch auf Zugang zu den Behördeninformationen. Auch Bürgerinitiativen gehören dazu, auch wenn sie nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Die Formulierung des Gesetzes zielt nicht auf eine Begrenzung des Kreises der Informationsberechtigten ab. Sinn und Zweck ist es vielmehr, gerade solchen Personenvereinigungen die nötigen Informationen zu verschaffen. Jedes einzelne Verbandsmitglied selbst ist anspruchsberechtigt, egal ob es als Mitglied oder als Privatperson handelt. Der Empfänger kann die erhaltenen Informationen zudem an die Initiative weitergeben. Es hat also keinen Sinn, Bürgerinitiativen die Berufung auf das IFG-SH zu verwehren.
Der Antrag wurde nicht nur von der Bürgerinitiative gestellt, sondern zugleich auch vom Sprecher der Initiative als Privatperson. Auch dieses Auskunftsersuchen ist abgelehnt worden, u. a. mit der Begründung, ein Anspruch bestünde nicht, da der Antrag von einer Person gestellt worden sei, die erkennbar für eine nicht anspruchsberechtigte Vereinigung, also die Bürgerinitiative, handelt. Die Gemeinde musste darauf hingewiesen werden, dass die Mitgliedschaft eines Antragstellers wie auch jede Motivation bei der Anfrage unwesentlich ist. Die Behörde ist nicht berechtigt, nach Mitgliedschaften und Beweggründen zu fragen.
Was ist zu tun?
Bürgerinitiativen und sonstige nicht rechtsfähige Vereinigungen sind bei Anträgen auf Informationszugang ebenso zu behandeln wie natürliche oder juristische Personen.
12.2.5 Protokolle der Denkmalschutzbehörde
Sind die Namen der ehrenamtlichen Mitarbeiter des Denkmalschutzrates personenbezogene Daten, die nicht offenbart werden dürfen? Dies sollte eigentlich kein Anlass zum Streit sein!
Ein Petent bat um Mitteilung der Namen der ehrenamtlich tätigen Mitglieder des Denkmalschutzrates. Zugleich wollte er die Protokolle der Sitzungen des Denkmalschutzrates einsehen. Beide Anträge wurden abgelehnt mit dem Hinweis, die Namen der Mitglieder seien personenbezogene Daten, die nicht offenbart werden dürfen.
Das IFG-SH verbietet grundsätzlich die Offenbarung personenbezogener Daten. Auch die Daten von Funktionsträgern, Gremienangehörigen und Beschäftigten öffentlicher Stellen sind personenbezogene Daten. Dies verhindert aber nicht die Veröffentlichung der Namen. Eine öffentliche Stelle ist nur über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als natürliche Personen handlungsfähig. Deren Namensnennung ist im Rahmen der Erforderlichkeit für die Aufgabenerfüllung zulässig. Bei der Mitwirkung von Amtsträgern an Verwaltungsvorgängen dürfen Name, Funktionsnummer bzw. Laufzeichen und Daten zur dienstlichen Erreichbarkeit genannt werden (Tz. 4.1.6). Dies gilt auch, wenn Mitarbeiter ehrenamtlich in der Verwaltung arbeiten, weil sie dann als Amtsträger tätig sind. Wir haben daher die Offenlegung der Namen des Denkmalschutzrates gefordert. Das Gleiche gilt für die Mitarbeiterdaten in den Protokollen. Die Protokolle können verwehrt werden, wenn diese neben den oben genannten Mitarbeiterdaten andere personenbezogene Daten enthalten. Dann ist zu prüfen, ob diese ausgesondert bzw. geschwärzt werden können oder die Einwilligung des Betroffenen eingeholt werden kann.
Erst nach unserer förmlichen Beanstandung hat die Denkmalschutzbehörde die Namen der Mitglieder des Denkmalschutzrates offenbart. Sie muss nun prüfen, inwieweit in den Protokollen andere schützenswerte Daten enthalten sind und ob diese offen gelegt werden können.
12.2.6 Schutzbedarf bei Mitarbeiterdaten einer Behörde
Immer wieder wird Bürgerinnen und Bürgern bei der Ablehnung von Informationsgesuchen vorgetragen, die erbetenen Unterlagen enthielten Mitarbeiterdaten. Diese sind aber nicht in jedem Fall vor Offenbarung geschützt.
Bei der Offenlegung von Mitarbeiterdaten kommt es darauf an, welche Daten betroffen sind und in welchem Zusammenhang diese stehen. Nach dem Informationsfreiheitsgesetz ist die Offenbarung von personenbezogenen Daten grundsätzlich unzulässig. Auch die Daten von Mitarbeitern einer Behörde gehören hierzu. Schon nach dem Datenschutzrecht ist jedoch eine Offenbarung von Mitarbeiterdaten erlaubt, soweit dies im Rahmen der Durchführung des allgemeinen Dienstbetriebes erforderlich bzw. geboten ist. Da eine öffentliche Stelle als Teil einer juristischen Person nur über ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als natürliche Person handlungsfähig ist, ist die Bekanntgabe bestimmter Daten eines Amtsträgers erlaubt. Dies gilt, soweit die Daten zur rechtmäßigen Erfüllung der durch Rechtsvorschrift zugewiesenen Aufgaben der öffentlichen Stelle erforderlich sind. Wird eine Behörde mit Außenwirkung tätig, ist es nötig, den Namen des Beschäftigten, die postalische Adresse der Dienststelle, die Telefonnummer und eventuell die E-Mail-Adresse, unter der der unterzeichnende Mitarbeiter zu erreichen ist, sowie die Faxnummer der Dienststelle an die Öffentlichkeit zu geben. Nur so kann die Ansprechbarkeit der Behörde für die Bürgerinnen und Bürger gesichert werden (Tz. 4.1.6).
12.2.7 Rechtsanwaltskammer
Der Wunsch nach Einsichtnahme in Unterlagen der Rechtsanwaltskammer wurde pauschal mit der Begründung abgelehnt, dem Informationszugang stünden spezielle Regelungen in der Rechtsanwaltsordnung entgegen. Dies trifft nicht zu.
Die Bundesrechtsanwaltsordnung sieht bestimmte Einsichtsrechte für die Beteiligten an einem Beschwerdeverfahren vor der Rechtsanwaltskammer vor. Dieses spezielle Informationszugangsrecht für Verfahrensbeteiligte schließt die Anwendung des IFG-SH nicht aus. Ob eine Konkurrenz von Regelungen besteht, hängt von Sinn und Zweck der Vorschriften ab. Das IFG-SH tritt nur dann hinter anderen spezialgesetzlich geregelten Informationsrechten zurück und wird verdrängt, wenn die konkurrierenden Vorschriften identische Regelungsmaterien, d. h. die gleichen Ziele und Adressaten, haben. Die spezielle Zugangsregelung für Verfahrensbeteiligte der Bundesrechtsanwaltsordnung regelt lediglich Einsichtsrechte für Personen, die an dem Beschwerdeverfahren vor der Rechtsanwaltskammer beteiligt sind. Diese Vorschrift richtet sich damit an andere Adressaten und hat eine andere Zielrichtung als das IFG-SH.
Die Tatsache, dass die Verbandsmitglieder der Rechtsanwaltskammer nach der Bundesrechtsanwaltsordnung zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, steht einer Anwendung des IFG-SH nicht entgegen. Auch nach dem IFG-SH ist es untersagt, personenbezogene Daten und Amtsgeheimnisse unbefugt zu offenbaren.
Was ist zu tun?
Das IFG zwingt die Verwaltung zu mehr Transparenz, auch die öffentlich-rechtlich organisierten Kammern. Dies sollte nicht nur als lästige Pflicht, sondern als Chance zu mehr Offenheit und Serviceorientierung verstanden werden.
12.2.8 Informationszugang zu Unterlagen der ARGEn
Seit Anfang 2005 kümmern sich Kommunen und die Bundesagentur für Arbeit in so genannten Arbeitsgemeinschaften gemeinsam um das Arbeitslosengeld II. Das Informationsinteresse der Bürgerinnen und Bürger hierzu ist sehr groß. Anträge nach dem IFG-SH werden jedoch oft abgelehnt.
Die Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) sind ein Zusammenschluss von den Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit. Bei diesen Mischbehörden stellt sich die Frage, ob sie unter den Anwendungsbereich des IFG-SH fallen, das von Behörden nach dem Landesverwaltungsgesetz spricht. Für die Anwendbarkeit spricht die Gesetzesbegründung, wonach der Geltungsbereich möglichst umfassend sein soll und nur Bundesbehörden ausgenommen sein sollen. Die ARGEn sind fast ausschließlich regional tätig. Es wird bei der Aufgabenerfüllung nicht zwischen den Aufgaben der Kommune und der Bundesagentur unterschieden. Die Mitarbeiter erfüllen jeweils die Aufgaben aus den ursprünglich getrennten Bereichen Sozialhilfe und Arbeitsverwaltung. Auch nach außen tritt die ARGE als eigenständige Rechtspersönlichkeit auf und erlässt Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide in eigenem Namen und eigener Kompetenz. Eine Beschränkung des Informationszugangsrechts widerspräche dem gesetzlichen Anliegen und jeder praktischen Vernunft. Dies gilt erst recht seit Anfang 2006 und der Geltung des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes für die Bundesagentur.
Was ist zu tun?
Den Bürgern ist Einsicht in die Unterlagen der ARGEn zu gewähren – natürlich unter Berücksichtigung der einschränkenden Voraussetzungen des Gesetzes.
12.3 Verabschiedung des Bundes-IFG
Endlich ist das Bundesinformationsfreiheitsgesetz verabschiedet worden. Nach langem und manchmal zähem Hin und Her gibt es auch bei Bundesbehörden seit Anfang 2006 Informationsfreiheit.
Das Bundesinformationsfreiheitsgesetz (Bundes-IFG) sieht deutlich mehr Einschränkungsmöglichkeiten beim Zugang zu Verwaltungsdaten vor als das IFG-SH. Das Gesetz ist dennoch ein richtiger Schritt hin zu mehr demokratischer Transparenz. Ihm kommt Signalwirkung für einige Bundesländer zu, die nun die Einführung eines Landes-IFG vorantreiben. Es bleibt zu hoffen, dass diese sich dabei inhaltlich nicht am Bund, sondern an den bestehenden Landesgesetzen orientieren.
Der Schutz der öffentlichen wie der privaten Belange als Ablehnungsgrund sind im Bundes-IFG eindeutig zu weit gefasst. Einzelne Aufgabenbereiche der Verwaltung sollten nicht undifferenziert dem Anwendungsbereich entzogen werden. Enscheidend darf nur sein, dass durch die Bekanntgabe einer Information ein konkreter Schaden verursacht würde.
Im privaten Bereich sieht das Bundes-IFG einen absoluten Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vor. Dies wird wegen der Unschärfe dieses Rechtsbegriffes zu vielen Konflikten und unberechtigten Auskunftsverweigerungen führen. Dem einseitig definierten Unternehmensinteresse an Geheimhaltung wird nach dem Gesetzestext der Vorrang eingeräumt. Demgegenüber enthält das IFG‑SH eine Abwägungsklausel, die dem Geheimhaltungsinteresse das Interesse der Allgemeinheit an einer Offenbarung entgegenstellt. Praktisch relevant wird diese Frage in den vielen Fällen, wenn Behörden privatrechtlich tätig werden und Verträge mit privaten Unternehmen abschließen. Diese Verträge sind fast durchgängig von besonderem öffentlichen Interesse, da hier öffentliche Gelder eingesetzt werden. Die Bedingungen und geschäftlichen Details dieser Verträge sollten nicht der Allgemeinheit vorenthalten werden können.
Mit der Verabschiedung des Bundes-IFG wird jetzt auch die Bundesverwaltung transparenter. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, wie die Umsetzung des Bundes-IFG erfolgt. Das Gesetz ist dokumentiert unter
Was ist zu tun?
Die Länder, die die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes planen, sollten vorrangig auf die Regelungen und Erfahrungen der Bundesländer bei der Erstellung ihres Gesetzes zurückgreifen.
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