22. Tätigkeitsbericht (2000)
4.8 |
Schul- und Hochschulbereich |
|
4.8.1 |
Wenn die Einschulungsuntersuchung zweckentfremdet wird
|
|
Die nach dem Schulgesetz vorgeschriebenen Einschulungsuntersuchungen dürfen nicht dazu genutzt werden, zusätzliche Informationen über die Kinder für wissenschaftliche Zwecke zu erheben.
Schülerinnern und Schüler werden vor der Einschulung durch das Gesundheitsamt auf ihre Schulreife
hin untersucht. Die entsprechende Vorschrift im Schulgesetz enthält klare Regelungen über den Zweck und den Umfang der Datenverarbeitung.
An einer Grundschule sollten mit dem so genannten "Mannheimer Elternfragebogen zusätzliche personenbezogene Angaben über den Gesundheitszustand und das psychosomatische Verhalten von einzuschulenden Kindern erhoben werden. Der Fragebogen wurde den Eltern gemeinsam mit einem schulärztlichen Fragebogen vom zuständigen Gesundheitsamt übersandt, verbunden mit dem Hinweis, dass die Angaben in beiden Fragebögen freiwillig seien und der ärztlichen Schweigepflicht unterlägen. Was aus dem Begleitschreiben allerdings nicht hervorging, war die Tatsache, dass diese Datenerhebung im Rahmen des "Mannheimer Elternfragebogens mit der Einschulungsuntersuchung gar nichts zu tun hatte und diese Angaben für private Studienzwecke
vorgesehen waren. Zudem erfolgte entgegen den Regelungen des Landesdatenschutzgesetzes keinerlei Aufklärung über die weitere Verwendung der Daten. Nachdem wir auf die unzulässige Datenerhebung hingewiesen hatten, wurde das Vorhaben gestoppt und die bereits eingesammelten Fragebögen unverzüglich vernichtet. |
||
Die Verknüpfung von wissenschaftlichen Untersuchungen mit den Einschulungsuntersuchungen sind nur dann datenschutzrechtlich zulässig, wenn eine umfassende Aufklärung
der Eltern über die Identität der forschenden Einrichtung stattfindet, eine frühestmögliche Anonymisierung bzw. statistische Aufbereitung der erhobenen Daten erfolgt und das Bildungsministerium als oberste Schulaufsichtsbehörde die hierfür erforderliche Genehmigung erteilt hat.
|
||
4.8.2 |
Familiäre Lebensumstände im internationalen Vergleich
|
|
Internationale Studien an Schulen zum Bildungsstand der Schüler werfen datenschutzrechtliche Fragen auf. Sie müssen auf der Grundlage des Landesrechts geklärt werden.
Internationale Organisationen führen nach einem standardisierten mehrstufigen Verfahren weltweit in über 20 Staaten Studien zum Wissensstand der Schülerinnen und Schüler durch. Dabei geht es im Wesentlichen um Fragen der politischen Bildung, des Leseverständnisses sowie um die Bereiche der Mathematik und Naturwissenschaften. Die Studien sollen einen internationalen Vergleich hinsichtlich des Bildungsstandes ungefähr gleichaltriger Schülerinnen und Schüler ermöglichen. In der Bundesrepublik Deutschland werden diese Studien im Auftrag der Kultusministerkonferenz von einem Berliner Institut durchgeführt und zentral organisiert.
Auch in Schleswig-Holstein sollten einige ausgewählte Schulen beteiligt werden. Als sich das Bildungsministerium als zuständige Genehmigungsbehörde an uns wandte, war es bereits "fünf vor zwölf. Wegen des weltweit zeitgleichen Ablaufs hätte innerhalb von wenigen Tagen das umfangreiche Material gesichtet und eine datenschutzrechtliche Stellungnahme erarbeitet werden müssen. Schon bei einer ersten Durchsicht der Unterlagen stellte sich heraus, dass zum Teil recht sensible Informationen aus dem privaten Bereich der Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern erfragt werden sollten. Von Interesse sollte nicht nur sein, ob die Schüler ein eigenes Zimmer und einen eigenen Fernseher hatten, wie viele Bücher im Haus vorhanden waren oder wie der Haushalt sonst ausgestattet war, sondern auch, welche berufliche Stellung die Eltern hatten und wie die Erziehungsmethoden waren. Ganz ähnliche Daten wurden mit einem speziellen Fragebogen auch von den Eltern erhoben.
Das beauftragte Institut hatte vorher den beteiligten Länderministerien versichert, dass sämtliche datenschutzrechtlichen Vorgaben erfüllt seien. Die Landesdatenschutzbeauftragten verständigten sich kurzfristig auf eine gemeinsame Stellungnahme. Die Elternanschreiben waren in erheblicher Weise umzugestalten. Weiterhin war zu rügen, dass in den Fragebögen nicht in ausreichender Weise auf die Freiwilligkeit der Teilnahme hingewiesen wurde und dass sie den Anforderungen an die erforderliche Aufklärung nicht genügten.
|
||
4.8.3 |
Der NDR misstraut Studenten
|
|
Bedienen sich Rundfunkanstalten bei der Entscheidung, ob Rundfunkteilnehmer von der Gebührenpflicht befreit werden können, der Hilfe von Sozialämtern, so unterliegt die Datenverarbeitung bei den Sozialämtern den Regelungen des Landesdatenschutzgesetzes. Es dürfen nur Daten erhoben werden, die zur Feststellung der Befreiungsvoraussetzungen erforderlich sind.
Personen mit geringem Einkommen können auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreit werden. Die Möglichkeit zur Befreiung besteht regelmäßig, wenn das Einkommen den eineinhalbfachen Sozialhilferegelsatz plus Kaltmiete nicht überschreitet. Insbesondere Rentner, Studierende
und Arbeitslosenhilfeempfänger nutzen diese Möglichkeit. Antragsunterlagen sind auch in den Sozialämtern zu erhalten. Die Anträge werden auch dort geprüft und unter Umständen positiv beschieden.
Der NDR verlangt nun von Studierenden zusätzlich Daten auf einem besonderen Fragebogen. Darin werden detailliert Fragen zum Einkommen und zu den Ausgaben gestellt. Verlangt werden u. a. Angaben über Heiz- und Stromkosten, Versicherungsbeiträge verschiedenster Art, Sparprämien, Telefon- und Handygebühren, Kabel- und Internetgebühren, Fahrtkosten, Studiengebühren und -material sowie Kosten für die Unterhaltung eines Pkw. Diese Ausgaben sollen durch die Vorlage von Belegen ("letzte Telefonrechnung?) nachgewiesen werden. Nicht-Studierende müssen den Fragebogen nicht ausfüllen. Sinn der vielen Fragen ist es, die Glaubwürdigkeit der Angaben zu "prüfen. Verlässt man sich bei anderen Antragstellern darauf, dass diese mit dem angegebenen Einkommen "leben können, so wird dies bei Studenten pauschal bezweifelt. Der NDR vermutet wohl, dass Studierende, die im Internet nach Informationen surfen, eine hohe Telefonrechnung oder gar ein Auto haben, Einkommen verschweigen. Diese müssen damit rechnen, dass ihr Antrag wegen "Unglaubwürdigkeit der Angaben abgelehnt wird.
Problematisch ist der Umstand, dass neben dem NDR und der GEZ auch das Sozialamt einen tiefen Einblick in die Haushaltskasse der Studenten erhält. Die Zweckmäßigkeitserwägungen des NDR ersetzen nicht die Notwendigkeit einer rechtlichen
Befugnis zur Datenerhebung in diesem Umfang. Die Befreiungsverordnung definiert abschließend, welche Rundfunkteilnehmer unter welchen Voraussetzungen von der Rundfunkgebührenpflicht befreit werden können. Sie fordert von den Antragstellern den Nachweis der Unterkunftskosten (ohne Strom- und Heizkosten) und gundsätzlich nicht mehr. Eine Sonderbehandlung für Studierende sieht sie nicht vor. Von diesen kann nicht verlangt werden, dass sie ihre Ausgaben "auf Heller und Pfennig beim NDR nachweisen.
(Rubrik: weitere Materialien/Arbeitspapiere)
Inzwischen hat der NDR signalisiert, dass der Fragebogen überarbeitet werden soll.
|