21. Tätigkeitsbericht (1999)
4.11 |
Personalwesen |
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4.11.1 |
Modernes Personalmanagement datenschutzgerecht gestalten
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Verwaltungsmodernisierung ist das Gebot der Stunde. Mangelnde Bürgernähe und Transparenz, fehlende Effektivität und Flexibilität, aber vor allem zu hohe Kosten sind Anlaß dafür, die Strukturen der Verwaltung grundlegend zu überdenken. Ein Gestaltungselement hierbei ist auch der Datenschutz.
Die für die Verwaltungsmodernisierung maßgeblichen neuen Leitbilder stammen durchgängig aus der Privatwirtschaft. Sie sollen das überkommene Selbstverständnis der preußischen Obrigkeitsverwaltung ablösen. Bei der Übernahme privatwirtschaftlicher Managementmethoden kommt es jedoch zwangsläufig zu Konflikten mit rechtlichen Regelungen, die mit dem neuen Verwaltungsinstrumentarium nicht kompatibel sind. Dies gilt auch für das Datenschutzrecht. Das deutsche Datenschutzrecht basiert auf der Trennung von privatem und öffentlichem Bereich. Im öffentlichen Bereich gilt ein strenger Gesetzesvorbehalt mit der Erwartung bereichsspezifischer normenklarer Regelungen; im Privatbereich finden sich häufig dehnbare Generalklauseln. Outsourcing und Privatisierung stoßen deshalb an datenschutzrechtliche Grenzen. Ein Problemfeld sind moderne Personalmanagementmethoden, die sich an den Bestimmungen zum Schutz von Personaldaten messen lassen müssen. Im Berichtszeitraum hatten wir u. a. folgende Modernisierungsprojekte zu begutachten:
Unter dem Vorsitz der Staatskanzlei erarbeitete eine ressortübergreifende Projektgruppe Vorschläge zur Verbesserung der Personalentwicklung für Führungskräfte in der Landesverwaltung. Ziel dieser Reformmaßnahmen ist das Erkennen von personellem Potential, die Qualifizierung von Nachwuchskräften und das Aufzeigen und Fördern individueller Entwicklungsmöglichkeiten. Zentraler Bestandteil dieser Personalentwicklung ist die auf freiwilliger Basis erfolgende Potentialanalyse, die der Ermittlung individueller Fähigkeitsprofile dient. Hierfür werden verschiedene Erkenntnisquellen herangezogen und - als zentrales Element - Personalentwicklungsseminare durchgeführt. An der Durchführung beteiligt sind externe Berater/innen und Mitarbeiter/innen der Personalverwaltungen verschiedener Ressorts. Das Ergebnis des abschließenden Potentialgesprächs soll Eingang in die Personalakte finden und künftig Grundlage bei der Personalauswahl und Stellenbesetzung sein.
Gegen die Zielsetzung der Projektgruppe ist nichts einzuwenden. Wir haben aber darauf hingewiesen, daß bezüglich aller Maßnahmen des Personalentwicklungskonzeptes, bei denen personenbezogene Daten verarbeitet werden, die Beachtung des Datenschutzrechts selbstverständlich sein muß. Das Personalaktenrecht, das immer anwendbar ist, wenn das Grundverhältnis der Bediensteten zum Dienstherrn betroffen ist, enthält strenge Abschottungs-, Zweckbindungs- und Übermittlungsregelungen, die auch bei der ressortübergreifenden Organisation beachtet werden müssen.
Bei der Konzeption der Potentialanalyse
stellte sich die Frage, inwieweit hierbei externe Berater
und ressortfremde Mitarbeiter der Landesverwaltung einbezogen werden dürfen. Wir stellten klar, daß diese nicht befugt sind, in Personalakten Einblick zu nehmen. Soweit die Bewertungen als Bestandteil der Potentialanalyse
künftig in Personenauswahlentscheidungen einfließen sollen, so muß dies ausdrücklich gesetzlich geregelt werden.
Inwieweit diese rechtlichen Vorgaben auch für ressortfremde Mitarbeiter/innen des Landes gelten, wird ebenfalls noch abschließend zu klären sein. Von der Rechtmäßigkeit dieses Verfahrens hängt es schließlich ab, ob das Ergebnis des abschließenden Potentialgesprächs in die Personalakte aufgenommen werden kann. Unsere rechtliche Bewertung wurde bei der Beschlußfassung über das Personalentwicklungskonzept bereits teilweise berücksichtigt. Für die verbleibenden Fragen ist abzuwarten, ob sich Lösungen finden lassen, die allen beteiligten Interessen gerecht werden.
Ziel der KLR ist es, die Kosten der von der Verwaltung erbrachten Leistungen sowie die hierbei erwirtschafteten Erträge festzustellen. Damit soll Kostentransparenz für alle Beteiligten, aber auch mehr Kostenverantwortung der Bediensteten, erreicht werden. Zumindest mittelfristig soll mit Hilfe der KLR auch die Leistungsverrechnung mit anderen Stellen der öffentlichen Verwaltung und von Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger erfolgen.
Da Personalkosten in diesem Zusammenhang ein wesentlicher Aspekt sind, geraten die Besoldungs- und Leistungsdaten der Bediensteten ins Blickfeld der KLR. Als Handreichung für die Verwaltung haben wir deshalb aus den gesetzlichen Regelungen Kriterien abgeleitet, mit denen ein Konflikt zwischen diesen neuen Analysemethoden und dem Personaldatenschutzrecht vermieden wird:
Bei den uns bisher bekannt gewordenen Projekten in diesem Bereich konnten wir feststellen, daß diese Kriterien beachtet werden.
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Das Ministerium für Umwelt, Natur und Forsten plante die Zusammenlegung der in unterschiedlichen Behörden untergebrachten Laboreinrichtungen. In die Prüfung des dadurch bestehenden Einsparpotentials wurde eine private Firma als Gutachter mit einbezogen. Diese sollte mit Hilfe der personenbezogenen Daten über Besoldung, sonstige Personalkosten sowie Alter und Dienstverhältnis der einzelnen Mitarbeiter der verschiedenen Labore eine Analyse vornehmen. Gegen die Nutzung von Personalaktendaten meldete der Personalrat berechtigte Bedenken an. Das Ministerium ging zunächst davon aus, daß die Gutachtenerstellung durch die private Firma als Auftragsdatenverarbeitung zulässig sei. Tatsächlich handelte es sich aber nicht um eine reine Hilfstätigkeit bei der Datenverarbeitung, sondern um eine eigenverantwortliche Datennutzung. Demgemäß war die Weitergabe von Personalunterlagen an die Firma rechtlich eine Datenübermittlung, die unter den gegebenen Umständen nur mit Einwilligung der Betroffenen zulässig gewesen wäre. Diese Argumente überzeugten das Ministerium. Der private Gutachter wurde aufgefordert, die dort schon vorhandenen Personalerhebungsbögen zurückzusenden und die entsprechenden Aufzeichnungen zu vernichten. Die für den Gutachtenauftrag benötigten Auswertungen werden nun vom Ministerium selbst vorgenommen und dann in anonymisierter Form an die Gutachter übersandt. |
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4.11.2 |
Der Blick des behördlichen Datenschutzbeauftragten in die Personalakte
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Behördliche Datenschutzbeauftragte dürfen im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeit Einblick in Personalakten nehmen, wenn sie hierzu den Auftrag von der Behördenleitung erhalten haben.
Anders als in anderen Ländern (z. B. Berlin, Hessen, Niedersachsen) gibt es zum behördlichen Datenschutzbeauftragten
im Landesdatenschutzgesetz
Schleswig-Holstein (LDSG) noch keine Regelung. Dies wird sich wahrscheinlich erst mit der Novellierung des LDSG aus Anlaß der Anpassung an die Europäische Datenschutzrichtlinie (EG-DSRL) ändern, da hierin die "unabhängige Überwachung" durch einen internen Datenschutzbeauftragten vorgeschrieben ist.
Die Bestellung eines behördlichen Datenschutzbeauftragten halten wir jedoch schon heute für dringend geboten. Wie die Funktion wahrgenommen wird, bestimmt allerdings im Rahmen seiner Organisationshoheit die Leiterin bzw. der Leiter der betreffenden öffentlichen Stelle. Das Landesbeamtengesetz sieht vor, daß Zugang zu Personalakten nur erhalten darf, wer "im Rahmen der Personalverwaltung mit der Bearbeitung von Personalangelegenheiten beauftragt" ist. Eine solche Beauftragung kann sich auch auf die Kontrolle des Datenschutzes in Personalangelegenheiten beziehen. Die Nutzung von Daten zu Zwecken der Datenschutzkontrolle bedeutet dann keine unzulässige Zweckänderung. Die Beauftragung des behördlichen Datenschutzbeauftragten mit der Kontrolle von Personalakten ist auch sinnvoll, weil die Eigenkontrolle durch die Mitarbeiter der Personalverwaltung nicht ausreichend ist.
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4.11.3 |
Verfahren zur Unterrichtung unterlegener Bewerber
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Die notwendige Unterrichtung eines unterlegenen Bewerbers über die entscheidenden Wertungsfaktoren kann schon vor einer abschließenden schriftlichen Auswahlentscheidung des Dienstherrn erfolgen.
Im Rahmen eines Bewerberausleseverfahrens war einem unterlegenen Bewerber Einsicht in die aus diesem Anlaß gefertigte Beurteilung
des Konkurrenten gewährt worden. Dieser machte hiergegen datenschutzrechtliche Bedenken geltend, insbesondere mit der Begründung, die Unterrichtung sei unzulässigerweise bereits vor der schriftlichen Entscheidung erfolgt.
Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat schon entschieden, daß ein Mitbewerber verlangen kann, vor der Beförderung eines Kollegen über Auswahl und Verfahren informiert zu werden. Zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes sei es erforderlich, dem unterlegenen Bewerber auch die entscheidenden Wertungsfaktoren zugunsten des obsiegenden Konkurrenten mitzuteilen. Nur in Kenntnis dieser Daten könne er effektiv prüfen, ob sein Anspruch auf rechtsfehlerfreie Bescheidung seiner Bewerbung unter Beachtung des Leistungsprinzips verletzt wurde.
Um ihren Zweck zu erfüllen, muß die Unterrichtung nach unserer Auffassung eine angemessene Zeit vor der Entscheidung erfolgen, da diese nach Vollzug nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Die Ablehnung einer Bewerbung ist ein Verwaltungsakt, da sich diese unmittelbar auf die statusrechtliche Stellung des Betroffenen auswirkt. Nach dem Landesverwaltungsgesetz sind in die Begründung des Verwaltungsaktes die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe aufzunehmen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Bei einer Eignungsprüfung
genügt zunächst eine mündliche Begründung. Auf Antrag ist jedoch diese schriftlich zu erteilen. Dieser Antrag kann nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes gestellt werden. Die Begründung einer Personalausleseentscheidung muß also zumindest mit der Bescheiderteilung in mündlicher Form erfolgen. Der mündlichen Auskunftserteilung steht eine Bereitstellung von Unterlagen zur Einsichtnahme gleich. Wird einer Ausleseentscheidung eine aus diesem Anlaß gefertigte Beurteilung als Ganzes zugrunde gelegt, kann sich der Informationsanspruch auch auf den gesamten Inhalt der Beurteilung erstrecken. |
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In dem geprüften Fall bestanden auch keine Bedenken dagegen, daß die Unterrichtung über die gefertigte Anlaßbeurteilung bereits vor der schriftlichen Entscheidung erfolgt war, da der Dienstherr sich im Zeitpunkt der Unterrichtung bereits dahin gehend festgelegt hatte, die Anlaßbeurteilung als Ganzes für die zu treffende Auswahlentscheidung zugrunde zu legen. Die Unterrichtung der Mitkonkurrenten in Bewerberausleseverfahren steht im Einklang mit den Regelungen des Landesbeamtengesetzes zur Verarbeitung von Personalaktendaten. Danach ist sie u. a. auch ohne Einwilligung des Beamten zulässig, wenn der Schutz berechtigter höherrangiger Interessen der oder des Dritten die Auskunftserteilung zwingend erfordert. Bei Konkurrentenstreitigkeiten bestehen die berechtigten höherrangigen Interessen des Mitkonkurrenten gerade in der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes.
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4.11.4 |
Versendung von amtsärztlichen Gutachten auf dem Dienstweg
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Amtsärztliche Gutachten gehören zu den besonders sensiblen Unterlagen in der Personalakte. Ihre Versendung "auf dem Dienstweg" führt zwangsläufig zu einer Verletzung des Personalaktengeheimnisses.
Nach längerem Leidensweg sollte ein Lehrer wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden. Auf Anforderung erhielt er vom Bildungsministerium sein amtsärztliches Gutachten auf dem Dienstweg, d. h. nach Kenntnisnahme durch den Schulleiter, übersandt. Zur Geschäftserleichterung war gleich noch eine Berechnung seiner ruhegehaltsfähigen Dienstzeit beigefügt. Auf unsere Nachfrage berief sich das Bildungsministerium auf seinen Erlaß, wonach Dienstpost in Personalangelegenheiten als solche deutlich zu kennzeichnen und - für jeweils eine Schule gesammelt - in verschlossenen Umschlägen mit der Aufschrift "Schulleiter o. V. i. A." zu versenden ist.
In dem hier zu beurteilenden Fall lag die Zuständigkeit für die dienstrechtliche Bewertung der mit dem amtsärztlichen Gutachten erhobenen Gesundheitsdaten ausschließlich beim Bildungsministerium. Auch für die Berechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit bestand keine Zuständigkeit des Schulleiters. Seine Unterrichtung war nicht erforderlich. Der Erlaß über die Versendung von Personalunterlagen kann sich nur auf solche Unterlagen beziehen, die für die Aufgabenerfüllung des Schulleiters tatsächlich benötigt werden. Andere Unterlagen sind den Betroffenen im verschlossenen Umschlag direkt zuzuleiten. |
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Die unzulässige Offenbarung von Personalaktendaten haben wir gegenüber dem Bildungsministerium beanstandet. Außerdem waren die beim Schulleiter unzulässigerweise gespeicherten Unterlagen - dieser hatte sich natürlich entsprechende Kopien gefertigt - zu löschen.
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