7: FAQ - Häufig gestellte Fragen
Datenschutzrechtliche Regeln bei der Erstellung von Bildern von öffentlichen Straßen zur Ergänzung von georeferenzierten Straßenkatastern
Diese Frage ist Teil der FAQ "Häufig gestellte Fragen zum Bereich Verkehrsrecht"
Die für die Unterhaltung öffentlicher Straßen zuständigen öffentlichen Stellen (Kommunen, Land) nutzen in der Regel zur Unterstützung dieser Aufgabe georeferenzierte Straßenkataster. Für die Erstellung oder Aktualisierung solcher Kataster werden immer häufiger mittels Videoaufzeichnung erstellte Aufnahmen der öffentlichen Straßen und Wege in das Kataster eingebunden, um auch die baulichen Zustände zum Zeitpunkt der Aufnahme zu visualisieren. Für die Erzeugung des Bildmaterials werden in der Regel Firmen beauftragt, die sich auf diese Bilddatenerzeugung spezialisiert haben. Die Bilddaten werden durch den Einsatz von Fahrzeugen, die mit speziellen Videokameras ausgerüstet sind, erhoben.
Bei der Befahrung der Straßen mit solchen Videofahrzeugen werden auch auf den Straßen befindliche Kraftfahrzeuge und sich im öffentlichen Straßenraum befindliche Personen aufgenommen. Damit werden Kfz-Kennzeichen und die Gesichter der Passanten erhoben und gespeichert. Ferner werden die Hausfassaden ebenfalls miterfasst und deren Ansicht gespeichert.
Die Datenverarbeitung im Zusammenhang mit der Erstellung von Videosequenzen wirft folgende datenschutzrechtliche Fragen auf:
- Ist die Erhebung und Speicherung der personenbezogenen Daten (hier: Personen und Kfz-Kennzeichen) zur Erstellung der „Rohdaten“ zulässig?
- Handelt es sich bei Hausfassaden um personenbezogene Daten, für deren Verarbeitung die Regelungen des Landesdatenschutzgesetzes (LDSG) Anwendung finden?
1. Zulässigkeit der Datenerhebung von Kfz-Kennzeichen und Passanten
Für die Unterhaltung von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen sind u. a. die Kommunen verantwortlich (§ 10 i. V. m. § 13 Straßen- und Wegegesetz – StrWG).
Sofern für die Erfüllung dieser Aufgabe die Verarbeitung von personenbezogenen Daten erforderlich ist, bedarf es hierfür einer Rechtsgrundlage. Das StrWG enthält jedoch keine bereichsspezifischen Datenverarbeitungsbestimmungen. Somit sind die allgemeinen Regelungen des LDSG hierfür heranzuziehen.
Die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten könnte gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 LDSG zulässig sein, sofern sie zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Die den Kommunen seitens des StrWG zugewiesene Aufgabe der Straßenunterhaltung könnte die Datenerhebung mittels Videofahrzeugen rechtfertigen. Dies ist scheinbar technisch nicht anders möglich, ohne Kfz-Kennzeichen der sich auf den Straßen befindlichen Fahrzeuge und die Gesichter, der sich in unmittelbarer Umgebung befindlichen Passanten mitzuerfassen. Daher ist die Erhebung dieser Daten nicht zu vermeiden. Im Falle der Personen ist neben deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch das Recht am eigenen Bild berührt. Insoweit sind die mit den Videoaufzeichnungen verbundenen Eingriffe in diese Grundrechte durchaus gravierend.
Der Zweck der Videoaufzeichnung ist aber ausschließlich auf die Erfassung der öffentlichen Straßen gerichtet. Die im Rahmen der Videoaufzeichnungen erfassten personenbezogenen Daten sind quasi als „Beifang“ zu werten, der zur Aufgabenerfüllung nicht erforderlich ist.
Insofern ist sicherzustellen, dass diese Daten – auch unter dem Gesichtspunkt der Datenvermeidung und Datensparsamkeit (§ 4 Abs. 1 LDSG) – vor der Speicherung im Straßenkataster der Stadtverwaltung anonymisiert werden.
Diese Anonymisierung muss unmittelbar nach der Erhebung und vor der Übergabe des Bildmaterials an die Auftrag gebende öffentliche Stelle erfolgen. Unter dem Gesichtspunkt der Datenvermeidung sollte die Anonymisierung möglichst schon beim Erhebungsvorgang erfolgen, soweit dies technisch möglich ist.
Bei Beachtung dieser Vorgaben ist das Anfertigen des Bildmaterials (Datenerhebung) insoweit zulässig.
2. Zulässigkeit der Datenerhebung von Hausfassaden
Käme man zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Hausfassaden um schutzwürdige personenbezogene Daten handelt, müsste zunächst auch dieses Erfassen zur Aufgabenerfüllung erforderlich bzw. unumgänglich sein. Es dürfte jedoch möglich sein, die Aufnahmen vor der Übergabe an den Auftraggeber so zu bearbeiten, dass keine Hausfassaden auf dem Bildmaterial erkennbar sind. Die Visualisierung von Hausfassaden dient nicht den Zwecken der Straßenunterhaltung und ist damit zur Aufgabenerfüllung nicht erforderlich. Es ist aber denkbar, dass dieses Bildmaterial ggf. für stadtplanerische Zwecke nutzbar gemacht werden soll. Für die Stadtplanung ist jedoch keine unmittelbar die Kommunen verpflichtende Rechtsvorschrift ersichtlich. Stadtplanung liegt in der Selbstverwaltungshoheit der jeweiligen Kommune. Die Rechtsgrundlage des § 11 Abs. 1 Nr. 3 LDSG für die Erhebung der Hausfassaden käme daher nur in Betracht, wenn die Kommune die Aufgabe der Stadtplanung satzungsrechtlich geregelt hat. In diesem Fall könnte die Speicherung von Bildern der Hausfassaden zur Aufgabenerfüllung erforderlich sein.
2.1 Ausschließlich interne Nutzung zur Aufgabenerfüllung
Das Bildmaterial, welches im Kontext des Straßenkatasters verwendet wird, wird nur intern verarbeitet und nicht veröffentlicht. Da die Hausfassaden der Öffentlichkeit zugewandt sind (also gemäß § 11 Abs. 2 LDSG allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden) und die Daten daher nicht derart schutzwürdig sind (jeder Passant könnte von ihnen Kenntnis erlangen), stellt ihre Aufnahme keinen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Hausbesitzer und –bewohner und somit keine schutzwürdigen Interessen dieser dar. Schließlich dürfen die zugriffsbefugten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Daten nur zweckentsprechend verarbeiten und unterliegen der Verschwiegenheitspflicht. Die Datenerhebung und –verarbeitung der Hausfassaden für den genannten Zweck im Rahmen der begrenzten Zugriffsmöglichkeiten ist daher durch § 11 Abs. 2 LDSG gedeckt.
Für interne Zwecke, z. B. für die Stadtplanung, ist die Nutzung der Bilder der Hausfassaden datenschutzrechtlich zulässig.
2.2 Widerspruchsmöglichkeit bzw. Löschung der Daten
Den betroffenen Hauseigentümern sollte aber eine Widerspruchsmöglichkeit gemäß § 29 Abs. 1 LDSG gegen die Speicherung der Hausfassaden eingeräumt werden. Eine nachträgliche Verpixelung oder Löschung der Daten muss aus Gründen der Intervenierbarkeit also möglich sein. Dies kann z.B. durch eine öffentliche Bekanntmachung geschehen, in der die Widerspruchsmöglichkeit eröffnet wird.
§ 28 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 LDSG i. V. m. § 4 Abs. 1 LDSG verlangen ebenfalls eine Löschung der Daten für den Fall, dass sie nicht mehr erforderlich sind.
Veröffentlichung
Da es sich bei dem Bildmaterial um Geodaten handelt, muss zudem geprüft werden, ob die Daten nach § 4 Abs. 1 Geodateninfrastrukturgesetz Schleswig-Holstein (GDIG), welches auf der europäischen INSPIRE-Richtlinie basiert, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen. Aufgrund der zutreffenden Ausnahmeregelung in § 4 Abs. 5 GDIG müssen die Daten hier allerdings nicht veröffentlicht werden.