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ULD: „Gesetz zur Verfassungsschutz-Kooperation ist massiv überarbeitungsbedürftig“
Nachdem sich die Bundesregierung im Dezember 2014 von der Innenministerkonfe-renz die grundsätzliche Zustimmung beschafft und einen Gesetzentwurf am 27.03.2015 ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht hat, plant sie anscheinend nun, ihr „Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes“ im Schnelldurchgang zur Verabschiedung zu bringen. Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) hat hierzu eine Stellungnahme erarbeitet, die aufzeigt, dass dieser Entwurf in der vorliegenden Fassung wegen gravierender Verstöße gegen die Verfassung so nicht verabschiedet werden darf.
Erklärtes Ziel des Entwurfes ist es, die rechtlichen Konsequenzen aus den schwerwiegenden Fehlern bei den Ermittlungen gegen den NSU zu ziehen. Dabei greift der Entwurf aber nicht die wesentlichen Vorschläge des NSU-Untersuchungsausschusses zur Verbesserung der Geheimdienstkontrolle auf; er macht nur begrenzt Vorschläge zur Kommunikationsverbesserung zwischen den Sicherheitsbehörden; zugleich werden nicht akzeptable Eingriffe beim Datenschutz vorgesehen.
Der Entwurf sieht u. a. Folgendes vor:
- Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) erhält umfassende Ermittlungskompetenzen in den Ländern, ohne mit dem Landesverfassungsschutz Einvernehmen herstellen zu müssen, so dass weiterhin Parallel- und Konkurrenzermittlungen stattfinden können.
- Das BfV erhält eine umfassende Auswertekompetenz zu „allen Erkenntnissen über Bestrebungen“ des Verfassungsschutzes der Länder.
- Mit einer Regelung zur technischen „Unterstützung“ der Länder durch das BfV soll – mit einer untauglichen Regelung – die bisher unzulässige Form des BfV-Hostings für die Länder legalisiert werden.
- Der Verfassungsschutz der Länder wird zur Datenübermittlung verpflichtet bei „Relevanz“ statt „Erforderlichkeit“, womit eine verfassungsrechtlich unzulässige Senkung der Schwelle des Eingriffs in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verbunden ist.
- Die technisch-organisatorischen Schutzvorkehrungen des gemeinsam von den Verfassungsschutzämtern betriebenen Systems NADIS-Wissensnetz (NADIS-WN) mit hochsensiblen Daten sind völlig unzureichend.
- Polizeien und Staatsanwaltschaften der Länder werden – unter Ausblendung des verfassungsrechtlich begründeten Trennungsgebots – zur Datenübermittlung an das BfV verpflichtet.
Neben diesen aus Landessicht besonders relevanten Regelungen enthält der Entwurf weitere aus Datenschutzsicht problematische Normen, etwa zur Einzeldatenlöschung, zu Dateianordnungen, zum Auskunftsanspruch der Betroffenen oder zur Zulassung von verdeckten Ermittlern und V-Personen.
Thilo Weichert, Leiter des ULD: „Es ist nur schwer erträglich, dass hier ein Gesetzentwurf durchgeboxt werden soll, der aus der Feder von denjenigen stammt, die ein Teil des zu lösenden Problems sind: der Verfassungsschutzbürokratie des Bundes. Der Entwurf ist unausgegoren und bedarf der öffentlichen Debatte, weil er die NSU-Probleme nicht löst, sondern eher verschärft.“
Die ULD-Stellungnahme zum Gesetzentwurf ist im Internet abzurufen unter
https://www.datenschutzzentrum.de/artikel/895-.html
Zur Geheimdienstkontrolle hat die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder (DSB-Konferenz) 2014 eine Entschließung gefasst, die auch abrufbar ist unter
https://www.datenschutz-bayern.de/dsbk-ent/DSK_88-Effektive_Kontrolle_Nachrichtendienste.html
Zur Kritik an der nun geplanten Volltextsuche in NADIS-WN hat die DSB-Konferenz schon 2010 eine Entschließung gefasst, die auch abrufbar ist unter
Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an:
Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein
Holstenstr. 98, 24103 Kiel
Tel: 0431 988-1200, Fax: -1223
E-Mail: mail@datenschutzzentrum.de