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Verpflichtendes Einladungswesen zu Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und Datenschutz
Nachdem in der letzten Zeit wiederholt Fälle von Vernachlässigung und Misshandlung von Kleinkindern durch die Eltern bekannt wurden, ist bundesweit die Diskussion um verbesserten Schutz der Kinder in Gang gekommen. Neben anderen Maßnahmen planen viele Bundesländer die Einführung eines Kontrollsystems zur Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen. Diese werden nach den sog. Kinder-Richtlinien der Sozialversicherungsträger jeweils für Kinder in einem bestimmten Alter angeboten (sog. U1 bis U9). Es ist vorgesehen, bei einer sog. zentralen Stelle durch Rückmeldungen von den Kinderärzten zu erfassen, welche Kinder nicht zu der nächsten anstehenden Untersuchung erschienen sind. Auf die Feststellung des Nichterscheinens sollen dann gezielte Maßnahmen erfolgen, um eine eventuelle Vernachlässigung festzustellen. Dabei soll meist das kommunale Jugendamt tätig werden; z.T. ist auch die Einschaltung des kommunalen Gesundheitsamtes im Vorfeld geplant.
Ein entsprechendes Gesetz trat zuerst im Saarland am 06.04.2007 in Kraft (§ 8a des Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst). Die Schleswig-Holsteinische Landesregierung plante zunächst, sich eng an das saarländische Konzept anzuhängen, wie sich aus einem Bericht der Landesregierung an den Landtag ergibt.
Es liegt auf der Hand, dass ein solches Rückmeldesystem zur Verarbeitung einer Vielzahl von personenbezogenen Daten führt, einschließlich sensibler Angaben zu Gesundheit und innerfamiliären Strukturen. Das grundsätzliche Ziel, Vernachlässigung von Kindern früh zu erkennen um ihr entgegenwirken zu können, ist selbstverständlich von überragender Wichtigkeit. Allerdings muss bei der Einführung eines Rückmeldesystems zur Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen darauf geachtet werden, dieses datenschutzgerecht auszugestalten und die Eingriffe auf die Fälle zu konzentrieren, in denen tatsächlich ein staatliches Tätigwerden erwogen werden muss. Dagegen darf für die weit überwiegende Mehrzahl der Familien, in denen Kinder eine gute Betreuung und Pflege erfahren, keine nutzlose und verfassungswidrige Vorratsspeicherung von Gesundheitsdaten erfolgen.
Das ULD war im April und Mai 2007 in die Vorbereitung einer entsprechenden Regelung im Entwurf eines Kinderschutzgesetzes durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren in Schleswig-Holstein einbezogen. Dabei wurde gemeinsam eine datenschutzverträgliche Ausgestaltung eines Meldesystems erarbeitet.
In diesem Zusammenhang stand auch ein Vortrag durch den zuständigen Referatsleiter im ULD, Lukas Gundermann, den dieser am 25. April 2007 auf dem Fachforum: "Früherkennung im Kinderschutz" des Kinderschutz-Zentrums Kiel hielt. Ausgehend vom seinerzeit einzigen schon verabschiedeten Gesetz im Saarland wird in dem Vortrag dargelegt, welche Probleme sich aus dem dort vorgeschriebenen System ergeben. Kritisiert werden vor allem die routinemäßige Einschaltung der kommunalen Gesundheitsämter und die Verpflichtung der Ärzte zur Meldung von Untersuchungen ohne vorheriges Einladungssystem, die zu erheblichen Problemen bei der Zuordnung von Datensätzen und in der Folge zu fehlerhaften Daten führen muss.
Die Folien zu dem Vortrag können hier heruntergeladen werden.